Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1258 Vereinizte Slaaten vun Nerdamerika und fianada. (April 2.) 
zu feindlichem Gebiet einbegreifen würde. Allein die neue und völlig 
vorbildlose Erscheinung dieser Blockade, wenn wir sie also richtig 
bezeichnet annehmen, versperrt den Zugang dazu und unterwirft alle neu- 
tralen Schiffe, die sich ihnen nähern wollen, demselben Verdacht, dem sie 
unterliegen würden, wenn sie nach Häfen der Feinde Großbritanniens be- 
stimmt wären, und setzt sie ungewöhnlichen Gefahren und Strafen aus. Es 
liegt auf der Hand, daß solche Beschränkungen, Gefahren und Verbindlich- 
keiten, die Schiffe einer neutralen Macht auf offener See über die schon 
erwähnten Rechte der Durchsuchung und der Behinderung einer Verschiffung 
von Bannware hinaus auferlegt werden, einen deutlichen Einbruch in die 
Hoheitsrechte der Nationen darstellen, deren Schiffe, Handel und Verkehr 
angetastet werden. 
Die Regierung der Vereinigten Staaten übersieht keineswegs die be- 
trächtlichen Wandlungen, die in den Umständen und Mitteln eines See- 
krieges eingetreten sind, seitdem die bis dahin die gesetzliche Blockade be- 
herrschenden Vorschriften aufgezeichnet worden sind. Sie wäre auch bereit, 
anzunehmen, daß die Form der „engen“ (close) Blockade mit einer Kette 
von Schiffen in der unmittelbaren Zufahrt der blockierten Häfen sich nicht 
länger gegenüber einem Feind durchführen läßt, der die Mittel und die 
Möglichkeit zu einer wirksamen Verteidigung durch Verwendung von Tauch- 
booten, Minen und Flugzeugen besitzt; allein es kann kaum behauptet 
werden, daß, in welcher Form die effektive Blockade auch in Anwendung 
kommt, es unmöglich wäre, sie wenigstens im Geiste und in Grundsätzen 
dem Wesen der Kriegsregeln anzupassen. Wenn die Erfordernisse der Lage 
es gebieterisch erscheinen lassen sollten, daß die Kette der blockierenden Schiffe 
über die Zugänge zu einem benachbarten neutralen Hafen oder Land aus- 
gedehnt würde, so läge es klar, daß es immer noch leicht möglich wärc, 
einem anerkannten und vernünftigen Verbot des internationalen Rechts 
gegen die Blockade neutraler Häfen zu entsprechen, indem für allen gesetz- 
lichen Verkehr mit neutralen Schissen freie Zu- und Abfahrt durch die 
Blockadekette gewährt würde. Dieser Verkehr würde natürlich alle Aus- 
fahrten aus den neutralen Ländern und alle Einfahrten nach den neutralen 
Ländern einbegreifen, außer für Bannware im Durchgangsverkehr für den 
Feind. Ein solches Verfahren braucht in keiner Weise dem Recht des Krieg- 
führenden auf Einhaltung der Blockade Eintrag zu tkun, denn den blockierenden 
Schiffen würde das Recht verbleiben, alle nach und von neutralem Gebier 
fahrenden Schiffe zu untersuchen, da sie das neutrale Gebiet zwar tatsächlich, 
aber nicht rechtlich einschließen. 
Vergeltung gegen Deutschland. 
Die Regierung der Vereinigten Staaten bemerkt, daß in der Ordre 
in Council die Regierung Seiner Majestät als Ursache für das Einschlagen 
eines Verfahrens, von dem sie sich bewußt ist, daß es ohne Vorbild in 
dem modernen Kriege dasteht, die Notwendigkeit angibt, in die sie sich 
versetzt glaubt, gegen ihre Feinde Vergeltung für Maßnahmen ährlicher 
Art zu üben, die letztere treffen zu wollen ankündigten und zum Teil auch 
wirklich in einem gewissen Maße durchgeführt haben. Allein die Regierung 
der Vereinigten Staaten legt dies uner dem Hinweis auf die Grundsätze, 
denen zu folgen die Regierung Seiner Majestät bisher peinlich bedacht war, 
nur als eine Ursache für eine gewisse außergewöhnliche Betätigung der See- 
streitkräfte Seiner Majestät und nicht als eine Entschuldigung für die Ein- 
leitung zu einem rechtswidrigen Vorgehen aus. Wenn die von den gegen- 
wärtigen Feinden Großbritanniens befolgte Handlungsweise sich tatfächlich 
durch Ungesetzlichkeit und Mißachtung der von den gesitteten Völkern ge-
	        
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