Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Pereinigte Staaten von Nordamerika und Kanada. (November 5.) 1287 
des Feindes, sie kann aber auf einen Hafen oder mehrere oder auf die 
ganze feindliche Küstenlinie ausgedehnt werden. Sie kann auferlegt werden, 
um den Eintritt von Schiffen zu verhindern oder die Ausfahrt oder auch 
beides.“ Ihre Regierung hat dann hinzugefügt: „Wenn die Schiffe nicht 
die Absicht haben, zu dem gesperrten Hafen zu fahren, so ist der Um- 
stand, daß sie Güter an Bord haben, die auf dem See- oder Landwege 
versandt werden sollen, kein Grund für eine Verurteilung.“" 
Um diese Erklärung zu stützen, bezogen Sie sich auf mehrere Ent- 
scheidungen englischer Prisengerichte, unter denen eine 1801 entschied, 
daß Schiffsgüter, die von London nach Emden gingen und von da 
aus über Land oder auf dem Kanal nach Amsterdam, das damals 
blockiert wurde, nicht wegen Blockadebruchs belangt werden konnten. 
Dies war während eines Jahrhunderts Gesetz, so daß es kaum nötig 
ist, daran zu erinnern, daß die Matamorasfälle, die der englischen Re- 
gierung gut bekannt sind, dieselben Gesetze bestätigen, daß nämlich neutrale 
Häfen nicht blockiert werden können, obgleich der Handel mit unein- 
geschränktem Landverkehr zwischen solch einem Hafen und dem feindlichen 
Gebiet unzweifelhaft und sehr ernstlich den Wert einer Blockade an den 
feindlichen KRüsten beeinträchtigt. 
22. Ohne die übrigen Gewohnheitsregeln einer ordnungsgemäßen 
Blockade zu erwähnen, etwa die genaue Bezeichnung der besonders 
blockierten Küstenlinie, die Festsetzung von Strasen bei Konfiskation, welche 
alle in der gegenwärtigen englischen Blockadepolitik fehlen, genügt es, darauf 
hin3zuweisen, daß, nach dem Maßstab der drei allgemein anerkannten Regeln 
gemessen, die wir oben erwähnten, die gegenwärtigen englischen Maß- 
nahmen nicht als die Festsetzung einer wirklichen oder gesetzmäßigen 
Blockade betrachtet werden können. 
23. Es liegt daher der Regierung der Vereinigten Staaten die Pflicht 
ob, die englische Regierung zu benachrichtigen, daß die Blockade, die sie 
nach der Ordre in Council vom 11. März angeordnet haben will, von den 
Vereinigten Staaten nicht als eine gesetzmäßige Blockade anerkannt 
werden kann. 
24. Da die englische Regierung viel Wert auf die Entscheidung des 
Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten in der Springbock-Angelegen- 
heit gelegt hat, daß Bannware, die auf dem Wege zu dem neutralen Hafen 
von Nassau beschlagnahmt wurde, obgleich ihr eigentliches giel die blockierten 
Häfen des Südens waren, der Verurteilung unterlag, ist es nicht unan- 
gebracht, die Aufmerksamkeit auf die englische Beurteilung dieses Falles 
in England vor dem gegenwärtigen Kriege zu richten, wie sich solche in 
den Instruktionen für die englischen Vertreter auf der Londoner Konferenz 
von 1908 ausdrückt: 
„Es ist sehr zweifelhaft, ob die Entscheidung des Obersten Gerichts- 
hofes in Wahrheit beabsichtige, einen Fall von Blockadebruch zu decken, 
in welchem sich die Frage der Bannware gar nicht erhob. Gewiß, wenn 
jene Absicht bestände, so würde die Entscheidung in Widerspruch mit der 
Praxis der englischen Gerichte sein. Die englische Regierung sieht 
aber keinen Grund, von dieser Praxis abzuweichen, und Sie sollten Ihrer- 
seits sich bemühen, ihre Korrektheit allgemein anzuerkennen.“ 
Es muß betont werden, daß die Verhältnisse, was den Springbockfall 
betraf, wesentlich verschieden waren von den heutigen, an welche der Maß- 
stab dieser Fälle angewandt werden soll. Als der Springbockfall vorfiel, 
da waren die Häfen der konföderierten Staaten faktisch von den Seestreit- 
kräften der Vereinigten Staaten blockiert, obgleich keine neutralen Häfen 
geschlossen wurden und eine ununterbrochene Reise zu einem neutralen.
	        
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