Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Pereinitte Staaten von Nordamerike und Kausda. (November 5.) 1289 
Völkerrecht, daß dann diese Gerichte machtlos sind, auf den wirklichen 
Grund der Klage einzugehen, oder wirkliche Abhilfe für begangenes Un- 
recht zu schaffen. Nichtsdestoweniger mutet man uns ernstlich zu, daß die 
Rechtsuchenden das Prisengericht angehen sollen, um über den Fall eines 
Konflikts zwischen einer Staatsordre und einer Regel des Völkerrechts zu 
entscheiden! Wie kann ein Gerichtshof, der in seiner Tätigkeit durch be- 
hördliche Verfügungen gebunden ist, sich selbst für frei von diesen Beschrän- 
kungen erklären und in der Lage, die Regeln des Völkerrechts frei 
anzuwenden? Eben diese Regeln und Verfügungen, die die Gerichte bilden, 
sind jetzt Gegenstand des Streites zwischen der Regierung der Ver- 
einigten Staaten und der englischen! Wenn England nach seinen eigenen 
Angaben den Weg einschlug bei den Fällen, die in den amerikanischen 
Kriegen vorkamen, die Rechtsuchenden an lokale Aushilfsmittel zu verweisen, 
so wird vorausgesetzt, daß es das in der Erkenntnis tat, daß die Ver- 
einigten Staaten nie daran gedacht hatten, die Tätigkeit der Prisengerichte 
durch Instruktionen und Bestimmungen, die das VMölkerrecht und 
die Praxis der Nationen beschränken, zu verletzen. 
27. Ihre Note vom 10. Februar stellt fest, daß die englische Regie- 
rung während des amerikanischen Bürgerkriegs trotz der Proteste von 
manchen Kreisen „volles Vertrauen auf die amerikanischen Prisen- 
gerichte setzte, um den Parteien Recht zu verschaffen, die sich durch an- 
gebliche unrechtmäßige Beschlagnahme seitens amerikanischer Kriegsschiffe 
geschädigt fühlten, und sie machte keine weitern Ansprüche auf Rechtshilfe, 
bevor die Tätigkeit dieser Prisengerichte erschöpft sei“. Die Regierung der 
Vereinigten Staaten erinnert daran, daß während dieses Krieges England 
bei mehreren Gelegenheiten auf diplomatischem Wege Entschädigungen für 
Beschlagnahme und Festhaltung von englischen Schiffen verlangte, die, wie 
man glaubte, auf unrechtmäßigem Wege erfolgt sei. Es seien unter diesen 
Fällen der der „Magicienne“, des „Don José“, des „Labuan“ und des 
„Saxon“ erwähnt. Zwei von diesen Fällen waren zur Zeit, als die An- 
sprüche gemacht wurden, vor amerikanischen Prisengerichten zur Aburteilung. 
Es ist auch bekannt, daß während des Burenkrieges, als britische Behörden 
die deutschen Schiffe, den „Herzog", den „General“ und den „Bundesrat", 
beschlagnahmten und ohne Prisenentscheidungen freiließen, ein Ersatz für 
den angerichteten Schaden auf diplomatischem Weg e durchgesetzt wurde. 
Schädigung des Handels. 
28. Es gibt außerdem einen wirklichen und weitreichenden Schaden, 
für den die Prisengerichte keine Entschädigung bieten. Das ist die unheil- 
volle Wirkung der Methoden der alliierten Regierungen auf das allgemeine 
Recht der Vereinigten Staaten, seinen internationalen Handel frei von will- 
kürlichen und ungewöhnlichen Beschränkungen zu erhalten, die die krieg- 
führenden Nationen ihm auferlegen. Unberechenbarer Aufenthalt und Aus- 
gaben dadurch, daß man Schiffe zwecks Untersuchung in einen Hafen schleppt 
und die Untersuchung auf bloßen Verdacht hin, haben eine abschreckende 
Wirkung auf das Handelsrisiko, wie gerechtfertigt sie sonst sein mögen. Hier 
ist ein Schaden, der nicht abgeschätzt werden kann. Die Drohung, den 
ordentlichen Handel so zu beeinträchtigen, hat zur Folge, daß Schiffe von 
ihren gewöhnlichen Verkehrswegen abgezogen werden, daß die Versicherung 
auf Schiffe und Fracht verweigert wird, während anderseits Exporteure 
aus demselben Grunde nicht mehr in der Lage sind, ihre Waren an fremde 
Märkte zu senden, und die Importeure es nicht wagen, draußen Vorräte 
zu kaufen, aus Furcht vor ungesetzmäßiger Beschlagnahme oder weil sie 
die Ueberfahrt nicht garantieren können. Für solchen Schaden kann durch
	        
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