Vereinigte Staaten von Nordemerika und Kauadn. (Dezember 9. 14.) 1297
Heer und Marine. Der Staatssekretär des Kriegs befürwortet in
seinem Jahresbericht die Bildung von 10 neuen Infanterieregimentern,
4 Regimentern Feldartillerie, 52 Kompagnien Küstenartillerie, 15 Kompagnien
Pioniere und 4 Luftgeschwadern. Das stehende Heer soll um 400000 Mann
verstärkt werden, indem 130000 Mann zum dreijährigen Dienst ausgehoben
werden. Der Marinesekretär befürwortet in seinem Jahresbericht
ein fünfjähriges Bauprogramm, das 10 Dreadnoughts, 6 Schlachtkreuzer,
10 Aufklärungskreuzer, 50 Zerstörer, 15 Hochsee-U-Boote und 85 Küsten-
U-Boote umfaßt und ferner eine Ausgabe von 6 Millionen Dollars für den
Flugdienst vorsieht.
Der Schatzsekretär teilt mit, der Vorrat an gemünztem und un-
gemünztem Gold sei von 1805 876580 Dollars am 2. Januar 1915 auf
2198113762 Dollars am 1. November gestiegen" das sei ein größerer
Betrag, als er bisher jemals im Lande vorhanden gewesen sei. Weitere
Goldzufuhr sei in nächster Zeit aus England, Südafrika, Kanada und
Australien zu erwarten. Die Einnahmen aus den Einfuhrzöllen in
dem am 31. Juni 1914 endenden Finanziahr betrugen 298913000 Dollars
gegen 212 146000 Dollars im Jahre 1915. Die Abnahme sei dem euro-
päischen Krieg zuzuschreiben. Im Finanziahr, das am 30. Juni 1915
endigt, betrugen die gesamten Einnahmen 720399782 Dollars, die Aus-
gaben 778402 920 Dollars.
9. Dez. Die Regierung der Vereinigten Staaten spricht der
deutschen Regierung den Wunsch aus, den Militärattaché, v. Papen,
und den Marineattaché, Korvettenkapitän Boy-Ed, der deutschen
Botschaft abzuberufen (s. Deutsches Reich S. 598).
Staatssekretär Lansing gibt eine Erklärung ab, daß das Verlangen
keinen politischen Hintergrund habe, und daß insbesondere der Botschafter
Graf Bernstorff gänzlich unbeteiligt sei.
9. Dez. Die Regierung der Vereinigten Staaten läßt der öster-
reichisch-ungarischen durch ihren Botschafter in Wien, Penfield, eine
Note wegen des Anconafalles zugehen (s. den Wortlaut u. S. 1340).
9. Dez. Wilson wird als Präsidentschaftskandidat aufgestellt.
Das demokratische Nationalkomitee beschließt, daß der Nationalkonvent
zur Aufstellung eines Kandidaten für die Präsidentschaft am 14. Juni in
St. Louis abgehalten werden soll. Das Komitee nimmt einstimmig eine
Entschließung an, Wilson als Kandidaten aufzustellen.
14. Dez. Wilson über Amerikas Aufgabe nach dem Krieg.
Bei einer Versammlung von Industriellen und Kaufleuten in Co-
lumbus hielt Wilson eine Ansprache, in der er sagte: Es sieht so aus,
als ob wir nach dem Kriege den Rückhalt an finanzieller und wirtschaft-
licher Kraft für die ganze Welt bilden müßten, und als ob wir in den
Tagen des Wiederaufbaues und der Erhöhung, die Europa bevorstehen,
vieles zu leisten hätten, was früher von Europa geleistet worden ist. Ich
glaube, daß nach der Wiederherstellung des Friedens die denkenden Männer
in allen Ländern Bürgschaften für seine Dauer verlangen werden, und daß
man dann die Mittel des Rechtes über die Mittel der Gewalt stellen wird.
Ich glaube, wenn Amerika Gleichgewicht und freundschaftliche Haltung
gegen alle Welt bewahrt, wird es eine bevorzugte Stellung einnehmen und
einen vermittelnden Einfluß ausüben können. Ich spreche nicht von einer
Vermittlung der Regierung, sondern ich meine die geistige Vermittlung.
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