Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Ashans in den Prreisigten Staaten vun VNerbamerikse. (Februar 16.) 1303 
Englands Regierung Deutschland gegenüber beliebt hat und die demgemäß 
die deutsche Regierung auch gegen England anwenden wird, auch den neu- 
tralen Schiffen gegenüber die Präsumption dafür sprechen wird, daß sie 
Konterbande an Bord haben. Auf das Recht, das Vorhandensein von 
Konterbande in der Fracht neutraler Schiffe festzustellen und gegebenenfalls 
aus dieser Feststellung die Konsequenzen zu ziehen, ist die Kaiserliche Re- 
gierung natürlich nicht gewillt zu verzichten. 
Die deutsche Regierung ist schließlich bereit, mit der amerikanischen 
Regierung jede Maßnahme in die ernsthafteste Erwägung zu ziehen, die 
geeignet sein könnte, die legitime Schiffahrt der Neutralen im Kriegsgebiet 
sicherzustellen. Sie kann jedoch nicht übersehen, daß alle Bemühungen in 
dieser Richtung durch zwei Umstände erheblich erschwert werden: 
1. Durch den inzwischen wohl auch für die amerikanische Regierung 
außer Zweifel gestellten Mißbrauch der neutralen Flagge durch die eng- 
lischen Handelsschiffe; 2. durch den bereits erwähnten Ronterbandehandel, 
insbesondere mit Kriegsmaterial, der neutralen Handelsschiffe. 
Hinsichtlich des letzteren Punktes gibt sich die deutsche Regierung der 
Hoffnung hin, daß sich die amerikanische Regierung bei nochmaliger Er- 
wägung zu einem dem Geiste wahrhafter Neutralität entsprechenden Ein- 
greifen veranlaßt sehen wird. 
Was den ersten Punkt anlangt, so ist der deutscherseits der amerika- 
nischen Regierung bereits mitgeteilte Geheimbefehl der britischen Admiralität, 
der den englischen Handelsschiffen die Benutzung neutraler Flaggen an- 
empfohlen hat, inzwischen durch eine Mitteilung des britischen Auswärtigen 
Amtes, das jenes Verfahren unter Berufung auf inneres englisches Recht 
als völlig einwandfrei bezeichnet, bestätigt worden. Die englische Handels- 
flotte hat den ihr erteilten Rat auch sogleich befolgt, wie der amerikanischen 
Regierung aus den Fällen der Dampfer „Lusitania“ (s. ob. S. 1250) und 
„Laertes“s“ bekannt sein dürfte. 
Weiter hat die britische Regierung die englischen Handelsschiffe mit 
Waffen versehen und sie angewiesen, den deutschen Unterseebooten gewaltsam 
Widerstand zu leisten. Unter diesen Umständen ist es für die deutschen Untersee- 
bote sehr schwierig, die neutralen Handelsschiffe als solche zu erkennen; denn 
auch eine Untersuchung wird in den meisten Fällen nicht erfolgen können, da die 
bei einem maskierten englischen Schiffe zu erwartenden Angriffe das Unter- 
suchungskommando und das Boot selbst der Gefahr der Vernichtung aussetzen. 
Die britische Regierung wäre hiernach in der Lage, die deutschen Maß- 
nahmen illusorisch zu machen, wenn ihre Handelsflotte bei dem Mißbrauch 
neutraler Flaggen verharrt und die neutralen Schiffe nicht anderweit in 
zweifelloser Weise gekennzeichnet werden. Deutschland muß aber in dem 
Notstand, in den es rechtswidrig versetzt wird, seine Maßnahmen unter 
allen Umständen wirksam machen, um dadurch den Gegner zu einer dem 
Völkerrecht entsprechenden Führung des Seekriegs zu zwingen und so die 
Freiheit der Meere, für die es von jeher eingetreten ist und für die es auch 
heute kämpft, wiederherzustellen. 
Die deutsche Regierung hat es daher begrüßt, daß die amerikanische Regie- 
runggegen den rechtswidrigen Gebrauch ihrer Flagge bei der britischen Regierung 
Vorstellungen erhoben hat, und gibt der Erwartung Ausdruck, daß dieses Vor- 
gehen England künftig zur Achtung der amerikanischen Flagge veranlassen wird. 
In dieser Erwartung sind die Befehlshaber der deutschen Unterseeboote, 
wie bereits in der Note vom 4. d. M. zum Ausdruck gebracht worden ist, 
* Der englische Dampfer „Laertes“ entzog sich am 9. Febr. der Versolgung durch ein 
deutsches Unterseeboot durch Hissung der holländischen Flagge.
	        
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