Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1324 Auhang zu den Vereinigten Staaten von Nordameribs. (Juli 10.) 
Abschaffung des Seebeuterechts, sowie für die Wahrung der neutralen Inter- 
essen eingetreten. Noch bei Beginn des gegenwärtigen Krieges hat sich die 
deutsche Regierung auf den Vorschlag der amerikanischen Regierung sofort 
bereit erklärt, die Londoner Seekriegsrechtserklärung zu ratifizieren und sich 
dadurch bei der Verwendung ihrer Seestreitkräfte allen dort vorgesehenen 
Beschränkungen zugunsten der Neutralen zu unterwerfen. Ebenso hat Deutsch- 
land stets an dem Grundsatz festgehalten, daß der Krieg mit der bewaffneten 
und organisierten Macht des feindlichen Staates zu führen ist, daß dagegen 
die feindliche Zivilbevölkerung nach Möglichkeit von den kriegerischen Maß- 
nahmen verschont bleiben muß. Die Kaiserliche Regierung hegt die bestimmte 
Hoffnung, daß es beim Eintritt des Friedens oder sogar schon früher ge- 
lingen wird, das Seekriegsrecht in einer Weise zu ordnen, die die Freiheit 
der Meere verbürgt, und sie wird es mit Dank und Freude begrüßen, wenn 
sie dabei Hand in Hand mit der amerikanischen Regierung arbeiten kann. 
Wenn in dem gegenwärtigen Kriege je länger je mehr die Grundsätze 
durchbrochen worden sind, die das Ziel der Zukunft sein sollten, so trägt 
die deutsche Regierung keine Schuld daran. 
Der amerikanischen Regierung ist es bekannt, wie von vornherein und 
in steigender Rücksichtslosigkeit Deutschlands Gegner darauf ausgegangen 
sind, unter Lossagung von allen Regeln des Völkerrechts und unter Miß- 
achtung aller Rechte der Neutralen durch die völlige Lahmlegung des fried- 
lichen Verkehrs zwischen Deutschland und den neutralen Ländern nicht so- 
wohl die Kriegführung als vielmehr das Leben der deutschen Nation ver- 
nichtend zu treffen. Am 3. November v. J. hat England die Nordsee zum 
Kriegsgebiet erklärt und der neutralen Schiffahrt die Durchfahrt durch Legung 
schlecht verankerter Minen sowie durch Anhalten und Aufbringung der 
Schiffe aufs äußerste gefährdet und erschwert, so daß es tatsächlich neutrale 
Küsten und Häfen gegen alles Völkerrecht blockiert. Lange vor Beginn des 
Unterseebootkrieges hat England auch die legitime neutrale Schiffahrt nach 
Deutschland so gut wie völlig unterbunden. So wurde Deutschland zu dem 
Handelskrieg mit Unterseebooten gezwungen. Bereits am 16. November v. J. 
hat der englische Premierminister im Unterhaus erklärt, daß es eine der 
Hauptaufgaben Englands sei, zu verhindern, daß Nahrungsmittel für die 
deutsche Bevölkerung über neutrale Häfen nach Deutschland gelangten. Seit 
dem 1. März d. J. endlich nimmt England von den neutralen Schiffen alle 
nach Deutschland gehenden sowie alle von Deutschland kommenden Waren. 
auch wenn sie neutrales Eigentum sind, ohne weiteres weg. Wie seinerzeit 
die Buren, so soll jetzt das deutsche Volk vor die Wahl gestellt werden, ob 
es mit seinen Frauen und Kindern dem Hungertod erliegen oder seine 
Selbständigkeit aufgeben wolle. 
Während uns so unsere Feinde laut und offen den Krieg ohne Gnade 
und bis zur völligen Vernichtung angesagt haben, führen wir den Krieg 
in der Notwehr für unsere nationale Existenz und um eines dauernd ge- 
sicherten Friedens willen. Den erklärten Absichten unserer Feinde und der 
von ihnen angewandten völkerrechtswidrigen Kriegführung haben wir den 
Unterseebootkrieg anpassen müssen. 
Bei allen grundsätzlichen Bemühungen, neutrales Leben und Eigentum 
nach Möglichkeit vor Schädigungen zu bewahren, hat die deutsche Regierung 
schon in der Denkschrift vom 4. Februar rückhaltlos anerkannt, daß durch 
den Unterseebootkrieg Interessen der Neutralen in Mitleidenschaft gezogen 
werden könnten. Aber ebenso wird auch die amerikanische Regierung zu 
würdigen wissen, daß die Kaiserliche Regierung in dem Daseinskampf, der 
Deutschland von seinen Gegnern aufgezwungen und angekündigt ist, die 
heilige Pflicht hat, alles, was irgend in ihrer Macht steht, zu tun, um das
	        
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