Anhang in den Pereinizten Staaten von Nordameriks. (Juli 23.) 1327
ist an und für sich ein Handeln außerhalb des Gesetzes, und die Verteidigung
einer Maßnahme als Vergeltungsmaßnahme bedeutet das Zugeständnis, daß
sie ungesetzlich est.
Die Regierung der Vereinigten Staaten ist jedoch bitter enttäuscht
darüber, daß die RKaiserlich Deutsche Regierung sich in weitem Maße von
der Verpflichtung zur Beobachtung dieser Grundsätze — selbst wo neutrale
Schisse in Frage kommen — entbunden erachtet infolge der Politik und
der Praxis, die nach ihrer Ansicht Großbritannien im gegenwärtigen Kriege
gegenüber dem neutralen Handel befolgt. Die Kaiserlich Deutsche Regie-
rung wird unschwer verstehen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten
die Politik der großbritannischen Regierung hinsichtlich ihrer Verpflichtungen
gegenüber einer neutralen Regierung nur mit der großbritannischen Regie-
rung selbst erörtern kann; auch muß sie das Verhalten anderer kriegführender
Regierungen für jede Erörterung mit der Kaiserlich Deutschen Regierung
über die ihrer Ansicht nach ernste und nicht zu rechifertigende Mißachtung
von Rechten amerikanischer Bürger durch deutsche Seebefehlshaber als un-
erheblich ansehen. Ungesetzliche und unmenschliche Handlungen, so gerecht-
fertigt auch immer sie einem Feinde gegenüber erscheinen mögen, von dem
angenommen wird, daß er unter Verletzung von Recht und Menschlichkeit
gehandelt hat, sind offenbar nicht zu verteidigen, wenn sie Neutrale ihrer
anerkannten Rechte berauben, insbesondere wenn sie das Recht auf das
Leben seilbst verletzen. Wenn ein Rriegführender einem Feinde gegenüber
nicht Vergeltung üben kann, ohne das Leben Neutraler und deren Eigen-
tum zu schädigen, so sollten sowohl Menschlichkeit als Gerechtigkeit und
eine angemessene Rücksicht auf die Würde der neutralen Mächte gebieten,
daß das Verfahren eingestellt wird. Mird darauf bestanden, so würde dies
unter solchen Umständen einen unverzeihlichen Verstoß gegen die Sou-
veränität der betrossenen neutralen Völker bedeuten. Die Regierung der
Vereinigten Staaten ist nicht uneingedenk der außergewöhnlichen, durch diesen
Krieg geschaffenen Verhältnisse oder der grundlegenden Veränderungen der
Umstände und der Arten des Angriffs, die durch den Gebrauch von Werk-
zeugen der Seekriegführung hervorgerufen worden sind, wie sie die Völker
der Welt nicht im Auge haben konnten, als die geltenden Regeln des
Völkerrechts festgelegt wurden. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist
bereit, jede vernünftige Rücksichtnahme auf diese neue und unerwartete
Gestaltung der Seekriegführung walten zu lassen; sie kann jedoch nicht zu-
geben, daß ein wesentliches oder grundlegendes Recht ihres Volkes wegen
einer bloßen Aenderung der Verhältnisse aufgehoben wird. Die Rechte der Neu-
tralen in Kriegszeiten beruhen auf Grundsäßten, nicht auf Zweckmäßigkeit, und
die Grundsätze sind unabänderlich. Pflicht und Obliegenheit der Kriegführeu-
den ist es, einen Weg zu finden, ihnen die neuen Verhältnisse anzupassen.
Die Ereignisse der letzten zwei Monate haben klar gezeigt, daß es
möglich und ausführbar ist, die Operationen der Unterseeboote, wie sie die
Tätigkeit der Kaiserlich Deutschen Marine innerhalb des sogenannten Rriegs-
gebiets kennzeichnen, in wesentlicher Ubereinstimmung mit den anerkannten
Gebräuchen einer geordneten Kriegführung zu halten. Die ganze Welt hat
mit Interesse und mit wachsender Genugtuung auf die Darlegung dieser
Möglichkeit durch die deutschen Seebefehlshaber geblickt. Es ist mithin offen-
bar möglich, das ganze Verfahren bei Unterseebootsangriffen der Kritik, die
es hervorgerufen hat, zu überheben und die Hauptursachen des Anstoßes
zu beseitigen.
Angesichts des Umstandes, daß die Kaiserliche Regierung die Gesetz-
widrigkeit ihrer Handlungsweise zugab, indem sie zu deren Rechtfertigung
das Recht der Vergeltung anführte, und angesichts der offenbaren Möglich-
Curopäischer Geschichtskalender. LVI. 84