Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

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keit, die hergebrachten Regeln der Seekriegführung innezuhalten, vermag 
die Regierung der Vereinigten Staaten nicht zu glauben, daß die Kaiser- 
liche Regierung noch länger davon absehen wird, das unbekümmerte Vor- 
gehen ihres Seeoffiziers bei Versenkung der „Lusitania“ zu mißbilligen 
oder Entschädigung für die Verluste an amerikanischen Menschenleben anzu- 
bieten, insoweit für zwecklose Vernichtung von Menschenleben durch eine 
ungesetzliche Handlung überhaupt Ersatz geleistet werden kann. 
Die Regierung der Vereinigten Staaten kann die Anregung der Kaiser- 
lich Deutschen Regierung nicht annehmen, wonach bestimmte Schiffe be- 
zeichnet werden und nach Vereinbarung auf den zurzeit widerrechtlich ver- 
botenen Meeren frei fahren sollen, wenn sie auch den freundschaftlichen 
Geist, in dem dieses Angebot gemacht ist. nicht verkennt. Gerade eine solche 
Vereinbarung würde stillschweigend andere Schiffe widerrechtlichen Angriffen 
aussetzen und würde eine Beeinträchtigung und demgemäß ein Autgeben 
der Grundsätze bedeuten, für die die amerikanische Regierung eintritt und 
die in Zeiten ruhigerer Ueberlegung jede Nation als selbstverständlich an- 
erkennen würde. 
Die Regierung der Vereinigten Staaten und die Kaiserlich Deutsche 
Regierung kämpfen für das gleiche große Ziel und sind lange zusammen 
eingetreten für Anerkennung eben jener Grundsätze, auf denen die Regie- 
rung der Vereinigten Staaten jetzt so feierlich besteht. Sie kämpfen beide 
für die Freiheit der Meere. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird 
sortfahren, für diese Freiheit zu kämpfen, von welcher Seite auch immer 
sie verletzt werden möge, ohne Kompromiß und um jeden Preis. Sie lädt 
die Kaiserlich Deutsche Regierung zu praktischer Mitarbeit ein, im jetzigen 
Augenblick, wo diese Mitarbeit am meisten durchsetzen kann und dieses große 
gemeinsame Ziel am schlagendsten und wirksamsten erreicht werden kann. 
Die Kaiserlich Deutsche Regierung gibt der Hoffnung Ausdruck, daß 
dieses Ziel in gewissem Maße sogar vor dem Ende des gegenwärtigen 
Krieges erreicht werden möge. Dies kann geschehen. Die Regierung der 
Vereinigten Staaten fühlt sich nicht nur verpflichtet, auf diesem Ziel, von 
wem auch immer es verletzt oder mißachtet werden mag, zum Schutze ihrer 
eigenen Bürger zu bestehen, sie ist auch aufs höchste daran interessiert, 
dieses Ziel zwischen den Kriegführenden selbst verwirklicht zu sehen, und 
hält sich jederzeit bereit, als gemeinsamer Freund zu handeln, dem der 
Vorzug zuteil wird, einen Weg vorzuschlagen. 
Mittlerweile sieht sich die amerikanische Regierung gerade wegen des 
großen Wertes, den sie auf die lange und ununterbrochene Freundschaft 
zwischen Volk und Regierung der Vereinigten Staaten und Volk und Re- 
gierung Deutschlands legt, veranlaßt, bei der Kaiserlich Deutschen Regierung 
feierlichst auf der Notwendigkeit einer gewissenhaften Beobachtung der neu- 
tralen Rechte in dieser kritischen Angelegenheit zu bestehen. Die Freund- 
schaft selbst drängt sie, der Kaiserlichen Regierung zu sagen, daß die Re- 
gierung der Vereinigten Staaten eine Wiederholung von Handlungen, die 
Kommandanten deutscher Kriegsschiffe in Verletzung der neutralen Rechte 
begehen sollten, falls sie amerikanische Bürger betreffen, als vorsätzlich un- 
freundliche Akte betrachten müßte. gez. James W. Gerard. 
Auf diese Note erging zunächst von deutscher Seite keine Ant- 
wort. Am 1. Sept. finden mündliche Verhandlungen zwischen dem 
deutschen Botschafter Grafen Bernstorff und dem Staatsdepartement 
statt, in deren Verlauf Graf Bernstorff dem Staatssekretär Lansing 
folgende schriftliche Note zugehen läßt:
	        
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