1342 Auhang zu den Vereinigten Stasten von Nordameriks. (Dezember 14.)
zeichnete vorläufig und unbeschadet einer eingehenden meritorischen Be-
handlung der Reklamation zu bemerken, daß die Schärfe, mit welcher die
Bundesregierung den Kommandanten des an der Sache beteiligten Unter-
seebootes tadeln zu sollen vermeint, und die Entschiedenheit, mit der die
an die Adresse der österreichisch-ungarischen Regierung gerichteten Forde-
rungen vorgebracht erscheinen, wohl hätten erwarten lassen, daß die Negie-
rung der Union die tatsächlichen Umstände des Falles, auf welchen sic sich
stützt, genau angebe. Wie unschwer zu erkennen ist, läßt die in der besagten
Note enthaltene Darstellung des Sachverhaltes zahlreichen Zweifeln Raum
und gewährt, selbst wenn sie in allen Punkten zuträfe und der Beurteilung
des Falles die rigoroseste Rechtsauffassung zugrunde gelegt würde, durck-
aus keine genügende Handhabe, um dem Kommandanten des Rriegsschiffes
oder der österreichisch-ungarischen Regierung ein Verschulden zur Last zu
legen. Die Bundesregierung hat es auch unterlassen, die Personen zu be-
zeichnen, auf deren Aussagen sie sich beruft und welchen sie augenblicklich
einen höheren Grad von Glaubwürdigkeit zuzuerkennen zu dürfen glaubt
als dem Kommando der Kaiserlichen und Königlichen Flotten. Auch was
Zahl, Namen und näheres Schicksal der amerikanischen Bürger anlangt, die
im kritischen Augenblick an Bord des genannten Dampfers weilten, läöt
die Note jeglichen Aufschluß vermissen. Die österreichisch-ungarische Regie-
rung ist gleichwohl im Hinblick darauf, daß das Washingtoner Kabineit
nunmehr eine positive Erklärung des Inhalts abgegeben hat, es seien ber
dem fraglichen Vorfalle Angehörige der Vereinigten Staaten von Amerika
zu Schaden gekommen, im Prinzip bereit, in der Angelegenheit in einen
Gedankenaustausch mit der Bundesregierung einzutreten. Sie muß aber
zunächst die Frage aufwerfen, weshalb diese Regierung davon abgesehen
hat, die in ihrer Note aufgestellten Forderungen unter Bedachtnahme auf
die von ihr selbst hervorgehobenen besonderen Umstände des inkriminierten
Vorganges juristisch zu begründen, und an die Stelle einer solchen Be-
gründung den Hinweis auf den Schriftenwechsel gesetzt hat, den sie in
anderen Angelegenheiten mit einer anderen Regierung geführt hatte. Die
österreichisch-ungarische Regierung vermag dem Washingtoner Kabinett auf
diesem ungewöhnlichen Wege um so weniger zu folgen, als sie keineswegs
authentische Renntnis von allen einschlägigen Korrespondenzen der Bundes-
regierung besint, und sie ist auch nicht der Ansicht, daß ihr diese Kenntnis
im vorliegenden Falle genügen könnte, der, soweit ihre Informationen
reichen, in wesentlichen Punkten anders geartet ist als der Fall oder die
Fälle, auf welche die Regierung der Union anzuspielen scheint. Die ößer-
reichisch-ungarische Regierung darf sohin dem Washingtoner Kabineite an-
heimgeben, die einzelnen Rechtssätze zu formulieren, gegen welche der Kom-
mandant des Unterscebootes anläßlich der Versenkung der „Ancona“ ver-
stoßen haben soll. Die Regierung der Union hat auch geglaubt, auf die
Haltung verweisen zu sollen, welche das Berliner Kabinett in dem erwähnten
Schriftenwechsel eingenommen hat. Die österreichisch-ungarische Regierung
findet in der sehr geschätzten Note keinerlei Anhaltspunkte dafür, welcher
Absicht dieser Hinweis entspringt. Sollte jedoch die Bundesregierung damit
bezweckt haben, eine Meinung in der Richtung zu äußern, als wäre der
stehenden Angelegenheit ein Präjudiz irgendwelcher Art gegeben, so muß
diese Regierung, um etwaigen Mißverständnissen zuvorzukommen, erklären,
daß sie sich selbstverständlich volle Freiheit wahrt, bei Erörterung des Falles
der „Ancona“ ihre eigene Rechtsauffassung geltend zu machen. Indem der
Unterzeichnete die Ehre hat, die Gefälligkeit Seiner Exzellenz des Herrn
Botschafters der Vereinigten Staaten von Amerika mit der ergebensten Bitte
in Anspruch zu nehmen, das Vorstehende der amerikanischen Regierung