Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1366 Asien. (Mai 1. 2.) 
reicht dem Minister des Äußern eine revidierte Liste der 24 Forde- 
rungen, die das Minimum der japanischen Forderungen seien. 
Die neuen Forderungen sind im wesentlichen dieselben wie früher mit 
gewissen Ausnahmen. Die Chinesen sind durch die Revision enttäuscht, da 
sie nach den Aeußerungen des japanischen Ministerpräsidenten Grafen Okuma 
gegenüber der Tokioter Preßagentur bedeutendere Abänderungen erwarteten. 
1. Mai. (China.) Die Regierung teilt dem Vertreter Japans 
folgende Antwort auf die neuen durchgesehenen japanischen 
Forderungen mit: 
China stimmt allen Forderungen, die sich auf Schantung beziehen, 
zu, vorausgesetzt 1. daß ein Vertreter von China an der Beratung zwischen 
Japan und Deutschland, die über die deutschen Rechte in Schantung ent- 
scheiden soll, teilnehmen darf; 2. daß die Jerluste Chinas während der 
militärischen Operationen vergütet werden; 3. daß der Zustand vor dem 
Kriege wiederhergestellt wird, daß Bahnen, Telegraphen, Postämter usw. 
von einer militärischen Oberaufsicht befreit werden. 
Die Forderungen wegen der Mandschurei sind bereits in Para- 
graphen gebracht, außer denen über die Ansiedlungsrechte, die die Ex- 
territorialrechte enthalten. China bewilligt die Ansiedlungsrechte, verlangt 
aber Aenderung der übrigen Forderungen. 
Was die Mongolei anbelangt, wird die Oeffnung der Märkte und 
eine Bevorzugung Japans bei Bahnbauten und Anleihen auf Grund von 
örtlichen Steuern bewilligt. 
In bezug auf die Hanyehping-Gesellschaft nimmt China die 
neu durchgesehenen japanischen Forderungen an. Diese setzen fest, daß China 
die Gesellschaft nicht als Staatsunternehmen wiederherstellt, das Vermögen 
der Gesellschaft nicht mit Beschlag belegt und für die Zwecke der Gesellschaft 
kein anderes fremdes Kapital außer japanischem verwendet. 
China wird eine selbständige Erklärung abgeben, in der es sich ver- 
pflichtet, keine Häfen und Inseln zu veräußern. 
In Beantwortung der Gruppe 5 der Forderungen, die anfangs den 
interessierten Mächten nicht mitgeteilt wurde, erklärt sich China bereit, später- 
hin über die Forderungen zu verhandeln, daß es keiner fremden Macht 
gestattet werden soll, in der Provinz Fukien eine militärische oder Flotten- 
basis oder einen ähnlichen Stützpunkt zu errichten oder fremdes Kapital zu 
solchen Zwecken zu verwenden. Alle übrigen Forderungen der Gruppe 5 hat 
China abgelehnt, ebenso die Forderung, Japen Eisenbahnrechte im Jangtse- 
tale zu bewilligen. 
Der japanische Botschafter Hicki zieht daraufhin die Erklärung zurück, daß 
Japan Kiautschou an China wieder herausgeben werde, mit der Begründung, 
daß China die neu durchgesehenen Forderungen Japans nicht als Ganzes an- 
genommen habe, und erklärt, er müsse die Verhandlungen einstweilen abbrechen. 
Der Korrespondent der „Times“ schreibt, vom englischen Gesichts- 
punkte aus sei bei den Verhandlungen die Tatsache hervorzuheben, daß 
Japan insbesondere danach strebe, in das Jangtsetal einzudringen und die 
dortige Vorzugsstellung mit England zu teilen. Japans Forderung, daß 
für die Zwecke der unter dem Namen der Hanyehping-Gesellschaft bekannten 
Eisen- und Kohlengruben bei Hankau kein anderes fremdes Kapital außer 
japanischem verwendet werden darf, richtet sich offenbar gegen England. 
2. Mai. (Persien.) Das neue Kabinett ist gebildet und findet 
die Billigung des Schahs und des Medschlis.
	        
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