Anhaug: Liplematische Euthällungen. 1391
2. Angebot von Gebieten in Kleinasien an Griechenland.
Am 12./25. Jan. 1915 hat der engl. Gesandte in Athen auf Weisung
seiner Regierung Venizelos erklärt, daß, wenn Griechenland im Augenblick
eines neuen Angriffes Deutschlands auf Serbien diesem zu Hilfe komme,
die Verbandsmächte Griechenland wichtige territoriale Erwerbungen an der
Küste Kleinasiens zuerkennen würden. Am 15./28. Jan. 1915 haben die
griech. Gesandten in Petersburg, Paris und London die Antwort der griech.
Regierung auf den engl. Vorschlag überreicht, worin eine ganze Reihe von
Bedingungen enthalten war. Am 20. Jan./2. Febr. hat Venizelos dem engl.
Gesandten in einer Unterredung die griech. Wünsche in Kleinasien mitgeteilt.
Die begonnenen Unterhandlungen wurden aufsgehalten durch die Unterhand-
lungen betr. das Eingreifen Bulgariens, und wurden unterbrochen durch
den Rücktritt vo. Venizelos am 21. Febr./6. März 1915.
3. Abtretun, Kavallas an Bulgarien.
Am 20. Jan. 2. Febr. 1915 gab Venizelos dem engl. Gesandten in Athen
das Einverständnis des Königs mit der Uebergabe von Kavalla an Bul-
garien, falls dieses sich dem Verband anschließe. Nach dem Rücktritt von
Venizelos änderte sich die Ansicht der griech. Regierung: sie protestierte (Note
vom 18../31. Mai 1915), ohne Antwort zu erhalten, und protestierte aber-
mals am 30. Ju·I/11. Aug. gegen das zweite Angebot von Kavalla an Bul-
garien, bei dem der Umfang des Hinterlandes abhängig gemacht wurde von
der Größe der griech. Erwerbung in Kleinasien.
4. Abtretung des Bez. Doiran—Gewygeli von Serbien an Griechenland.
Venizelos verlangte am 8. 21. Sept. 1915 in einem Gespräche mit dem
serb. Gesandten, daß im Falle einer Hilfeleistung Griechenlands für Serbien
letzteres Griechenland den Bezirk Doiran—Gewygeli abtrete und nach Er-
folgen der Alliierten gegen Bulgarien keine Forderungen auf die Strumitza
erhebe. Am 11./24. Sept. 1915 willigte die serb. Regierung für den Fall eines
glücklichen Krieges in beiden Punkten ein. Nach Venizelos’ Rücktritt und der
Beibehaltung von Griechenlands Neutralität im Okt. 1915 wurde die an-
geregte Besetzung des Doiranbezirks nicht vollzogen, weil Griechenland sich in
die bulg.-serb. Kriegsoperationen nicht einzumischen wünschte. Am 11./24. Okt.
1915 dementierte der König von Griechenland das Gerücht von einer Ab-
sicht Griechenlands, einen Teil des serb. Gebiets zu besetzen: Griechenland
betrachte sich weiter als Verbündeter Serbiens.
5. Angebot von Cypern an Griechenland.
Am 7./20. Okt. 1915 stimmte England zu, falls die ganze griechische
Armee Serbien zu Hilfe eile. Am 12. 25. Okt. 1915 wurde dies Angebot von
der engl. Regierung für kraftlos erklärt, weil die Bedingung nicht erfüllt wurde.
6. Verpflichtungen des Verbandes betr. Saloniki.
Am 10.,23. Nov. 1915 verpflichteten sich die Verbandsmächte zur Rück-
gabe aller besetzten Gebiete und Schadenersatz für die Besetzung. Am 11./24. Nov.
nahm die griech. Regierung in einer Note von dieser Erklärung Kenntnis.
Kriegsziel-Eingabe des Alldeutschen Verbandes an den Reichs-
kanzler vom 5. Mai 1915.
Das deutsche Volk hat sich einmütig zu dem allgemeinen Kampfziel
bekannt: die Waffen nicht aus der Hand zu legen, bis die notwendigen
Sicherheiten für seine Zukunft erstritten sind. Es will, gerade um des
Friedens willen, den Krieg nicht nur auf bloße Abwehr der Feinde be-
schränkt sehen, sondern bis dahin durchgekämpft wissen, wo wirklich sichere,
seste Bürgschaften für eine friedliche Zukunft erstritten sind. Es hat auch
bereits erkannt, in welcher Richtung diese Bürgschaften zu suchen sind: es
Europäischer Geschichtskalender. I.VI. 88