Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Anhang: Viplematisce Enthülnugen. 1399 
zurückzustoßen, daß Sie nicht absichtlich, sondern lediglich aus Unkenntnis 
beachtliche Kreise unserer völkischen Bewegung ungerecht behandeln. Des- 
halb halte ich es für meine Pflicht, den Versuch zu machen, Ew. Exz., so- 
weit der A. V. in Frage kommt, aufzuklären. Ich kann nicht erwarten, 
daß in diesen entscheidungsvollen Tagen Ew. Exz. Zeit es erlaubt, sich 
mit der Geschichte des A. V. zu befassen. Aber ich bitte doch auf die 
wenigen Seiten einen Blick zu werfen, die eine Zusammenstellung der 
Aeußerungen enthält, die in einem Zeitraum von rund zwei Jahren vor 
Kriegsausbruch führende Personen des A. V. oder die Alldeutschen Blätter 
kundgaben. Sie werden, wie jeder Unbefangene, finden, daß sich eine 
Auffassung von dem außerpolitischen Zustande unseres Vaterlandes und 
von der bevorstehenden Entwicklung zeigt, die durch die Ereignisse ge- 
rechtfertigt worden ist und die auf die politische Arbeit des A. V. meines 
Ermessens ein günstiges Licht wirft. Ich will nicht verhehlen, daß mich 
jene Stelle von Ew. Exz. Brief, wo Sie „vom Zerschlagen der Fenster- 
scheiben“ sprechen, besonders befremdet hat. Abgesehen davon, daß dieser 
Vorwurf gegen den A. V. tatsächlich in nichts begründet ist, erscheint es 
mir unzulässig von amtlicher Seite so zu sprechen, nachdem es doch im 
ganzen Volke klar geworden ist, wer daran schuld ist, daß das Gebäude 
unserer äußeren Politik längst keine unzerschlagenen Fenster mehr hat. 
Nachdrücklich muß ich Verwahrung einlegen gegen die Unterstellung einer 
Drohung, von der Ew. Exz. am Schlusse des fünften Absatzes Ihres Briefes 
sprechen. Ich drohte nicht — ich warnte Ew. Exz.! Es würde mir 
übel anstehen wollen, wenn ich hier begründen würde, daß gerade mir 
gegenüber der Vorwurf einer Drohung unberechtigt ist. Aber die War- 
nung halte ich aufrecht und ich bitte Ew. Exz. bei der Größe dessen, 
was auf dem Spiele steht, nicht in den Wind zu schlagen, was aus sor- 
gendem Sinne kommt und wohlbegründet ist. Dabei stelle ich fest, daß 
die Warnung sich nicht auf etwaige staatsfeindliche Handlungen der Kreise 
bezieht, für die ich zu Ew. Exz. spreche, sondern auf solche, die sich ent- 
täuscht und wirtschaftlich bedrückt fühlen würden, wenn der Friede — was 
Gott gnädig verhüten wolle — nicht ihren berechtigten Forderungen ent- 
sprechen sollte. Ew. Exz. können gewiß sein, daß von mir niemals ein 
Schritt unternommen werden wird, der dazu beitragen würde, den Stolz 
und die Freude des Volkes über den Siegespreis, den es erkämpfen wird, 
zu beeinträchtigen. Aber ebenso dürfen Ew. Exz. mir nicht zumuten zu 
schweigen, wo ich glaube, daß die ganze Zukunft des deutschen Volkes 
auf dem Spiele steht, sei es im engen Kreise oder gegenüber jenen Männern, 
die die verantwortlichen Ratgeber der Krone bei der Leitung der Reichs- 
geschäfte sind. 
Ich habe schließlich noch zu erklären, daß ich von Ew. Exz. Ansicht 
Kenntnis genommen habe, daß der Veröffentlichung unseres Briefwechsels 
durch den A. V. nichts entgegensteht und daß Sie sich selbst eine solche 
bei passender Gelegenheit vorbehalten. Ich werde, nachdem Ew. Exz. dem 
A. V. als solchem die Veröffentlichung anheimgeben, die Angelegenheit 
dem geschäftsführenden Ausschusse des A. V. unterbreiten und ihn befragen, 
ob er es im vaterländischen Nutzen erachtet, der Oeffentlichkeit diese Aus- 
einandersetzungen vorzulegen; denn es wäre selbstverständlich, daß man sich 
alsdann nicht auf die Veröffentlichung meines persönlichen Briefes vom 
5. Mai und Ew. Exz. Antwort vom 13. desselben Monats beschränken 
dürfte, sondern daß aldann notwendig auch diese meine Aeußerung darauf 
bekannt gegeben werden müßte. 
Ew. Exz. ehrerbietigst ergebener 
gez. Frhr. v. Gebsattel, Gen. der Kavallerie z. D.
	        
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