Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Auh#aus: Biplematische Enthũlungen. 1403 
weiter der Brückenkopf Englands, sein Stützpunkt gegen uns. Die natürliche 
Festungslinie in Frankreich in den Händen der Franzosen bedeutete eine 
stete Bedrohung unserer Grenze. Rußland aber würde, wenn es ohne Land- 
verlust aus dem Kriege hervorginge, unsere Leistungsfähigkeit und Kraft, 
die es an der Störung unserer Interessen hindern könnten, mißachten, 
während andererseits der Nichterwerb landwirtschaftlichen Gebietes an unserer 
Ostgrenze die Möglichkeit verringern würde, die Wehrkraft Deutschlands durch 
genügende Vermehrung seiner Bevölkerung Rußland gegenüber zu stärken. 
Ew. Exz. beehren wir uns, von diesen Auffassungen, die weit über die 
unterzeichneten Körperschaften hinaus, wenn auch hier oder da vielleicht 
mit Abweichungen in Einzelheiten, auch von solchen Kreisen in Deutschland 
vertreten werden, die sich zurzeit noch nicht äußern, hierdurch ergebenst 
Kenntnis zu geben und dabei mitzuteilen, daß wir dieses Schreiben gleich- 
zeitig den Staatsministern der einzelnen Bundesstaaten eingereicht haben. 
In Ergänzung dieser Eingabe soll hier aber noch ausdrücklich darauf 
hingewiesen werden, daß die politischen, militärischen und wirtschaftlichen 
Ziele, welche das deutsche Volk im Interesse der Sicherung seiner Zukunft 
erstreben muß, in engster Verbindung miteinander stehen und voneinander 
nicht getrennt werden können. Vorweg ist klar, daß die Erreichung der 
großen politischen Ziele abhängig ist von der Schlagkraft und den Erfolgen 
unseres Heeres. Es kann aber auch, gerade nach den Erfahrungen dieses 
Krieges, nicht zweifelhaft sein, daß, namentlich auf die Länge der Dauer, 
unsere militärischen Erfolge und weiterhin deren Ausnutzung in weitem Um- 
fange bedingt sind von der wirtschaftlichen Stärke und Leistungsfähigkeit 
unseres Volkes. Wenn nicht die deutsche Landwirtschaft in der Lage gewesen 
wäre, die Ernährung unseres Volkes, allen Bemühungen der Feinde zum 
Trotz, zu sichern, und wenn nicht die deutsche Industrie, deutscher Erfindungs- 
geist und deutsche Technik imstande gewesen wären, uns auf den verschiedensten 
Gebieten vom Auslande unabhängig zu machen, so würden wir, ungeachtet 
der glänzenden Erfolge unserer siegreichen Truppen, in dem uns auf- 
gezwungenen Kampfe schließlich unterliegen müssen, wenn nicht schon unter- 
legen sein. 
Daraus ergibt sich, daß auch solche Forderungen, denen auf den ersten 
Blick nur eine rein wirtschaftliche Bedeutung innezuwohnen scheint, unter 
dem Gesichtspunkt der zwingenden Notwendigkeit möglichster Verstärkung 
unserer nationalen Macht und unter militärischen Gesichtspunkten betrachtet 
werden müssen. 
Das trifft in hervorragendem Maße zu für die in der Eingabe er- 
hobenen Forderungen einerseits des Erwerbes landwirtschaftlichen Siedelungs- 
gebietes und andererseits der Beschlagnahme des Erzgebietes von Meurthe 
und Moselle, sowie der französischen Kohlengebiete des Departements du Nord 
und des Pas de Calais neben den belgischen. 
Die Gewinnung von ausreichendem landwirtschaftlichen Siedelungs- 
gebiet ist unumgänglich, nicht nur im Interesse der Verbreiterung der land- 
wirtschaftlichen Grundlagen unserer Volkswirtschaft und damit der Aufrecht- 
erhaltung des im gegenwärtigen Kriege als so notwendig erkannten glücklichen 
Gleichgewichts unserer Gesamtwirtschaft, sondern auch zur Sicherung der 
aus einer starken Landwirtschaft fließenden Quellen unserer nationalen Volks- 
kraft, insbesondere unserer Volksvermehrung, und damit zur Stärkung unserer 
militärischen Kraft. 
Ebenso liegen Erwerbungen wie die der erwähnten Erz- und Kohlen- 
gebiete nicht etwa nur im Interesse unserer industriellen Machterweiterung, 
sondern sie stellen militärische Notwendigkeiten dar, wie aus folgendem erhellt: 
Die monatliche Roheisenherstellung in Deutschland ist seit August 1914
	        
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