160 Die österreichisch-ungarische Monarchie. (Juli 21. 23.)
21. Juli. (Osterr. Herrenhaus.) Militärgerichtsbarkeit. Ge-
schworenengesetz. Vertagung.
Das Haus beschließt zu den vom Abgeordnetenhause erledigten Geseö-
entwürfen betr. ausnahmsweise Unterstellung von Zivilpersonen unter die
Militärgerichtsbarkeit, betr. die Revision der feld= und stand-
gerichtlichen Urteile, sowie betr. die Bildung der Geschworenen-
listen Abänderungen, sodaß diese Entwürfe wieder an das Abgeordneten-
haus zurückgehen müssen. Das Haus vertagt sich sodann auf unbestimmte Zeir.
23. Juli. (Ung. Abgeordnetenhaus.) Friedensfrage.
Abg. Graf Tisza erklärt: Mit Rücksicht auf die bevorstehende Ver-
tagung des Hauses halte ich es für richtig, wenn die im Deutschen
Reichstage abgegebenen Erklärungen (s. Tl. 1 S. 702 ff.) hier einen
Widerhall finden. Ich glaube auch der Sache des Friedens einen Dienst zu
leisten, wenn ich feststelle, daß zwischen sämtlichen Faktoren des ung. öffent-
lichen Lebens und den Erklärungen der maßgebenden Faktoren des Deutschen
Reiches vollkommene Harmonie besteht sowohl bezüglich der Aufrechterhal=
tung des Bündnisses, als bezüglich der Kriegsziele und der Friedens-
bedingungen. Die im Deutschen Reichstage abgegebenen Erklärungen und
die dort gefaßten Beschlüsse stehen in voller Harmonie mit der Politik, die
wir während der ganzen Kriegszeit befolgen. Es gibt viele Meinungs-
verschiedenheiten zwischen mir und dem Ministerpräsidenten, aber in dieser
Frage gibt es keine, und deshalb unterstütze ich dessen auswärtige Politik.
Ministerpräsident Graf Esterhazy erklärt, er habe sich in Fragen
der äußeren Politik wiederholt geäußert und beschränke sich heute auf
folgende kurze Erklärung. Wir führen diesen Krieg als Verteidigungs-
krieg, und auch beim Friedensschluß wird nicht Eroberung unser Ziel sein.
Wir haben unsere Friedenskundgebung, unsere Bereitwilligkeit für einen
ehrlichen Frieden im Einvernehmen mit den Verbündeten zum Ausdrucke
gebracht. Betreffs des Kanzlerwechsels verweist der Ministerpräsident
auf den Telegrammwechsel zwischen dem Minister des Ausw. und den
Reichskanzler (s. Tl. 1 S. 700), in dem Oesterreich-Ungarns Bereitwilligkeit
zu ehrlichem Frieden und Oesterreich-Ungarns defensiven Charakter tragender
Entschluß, die Existenz der Monarchie bis zum äußersten zu verteidigen,
neuerlich klar zum Ausdruck gekommen sei. Weiter verweist er auf die
Rede des deutschen Kanzlers sowie auf die vom Reichstage angenommene
Entschließung, aus denen erhellt, daß die Monarchie den ihr ausgezwungenen
Verteidigungskrieg ohne aggressive Ziele, ohne Eroberungsabsichten führe
zur Verteidigung ihrer Existenz im Interesse einer Verständigung und
dauernden Versöhnung der Völker. Er sagt: Die in den letzten Tagen er-
rungenen Siege der verbündeten Waffen und ihre fortwährend wachsenden
Erfolge sind ein neuerlicher Beweis für unsere ständige Friedensgencigtheit
und unser unverbrüchliches Ausharren in diesem Verteidigungskampfe.
Nicht an uns liegt es, sondern an unsern Feinden — dies wiederhole ich
abermals. Sie belastet die Verantwortlichkeit, daß sie von Eroberungs-
sucht geleitet, einem anständigen Frieden entgegentreten. Nachdem dieser
Gedankengang in der unlängst im Deutschen Reichstag geführten Debatte
und in der Rede des Reichskanzlers, sowie in der Entschließung, die von
der überwiegenden Mehrheit des Reichstages angenommen wurde, zum
Ausdrucke gekommen ist, bin ich in der Lage festzustellen, daß in dieser
Beziehung Harmonie zwischen der Monarchie und dem Deutschen Reicht
vollkommen bestehr. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)
Hierauf verragt sich das Abgeordnetenhaus auf unbestimmte Zeit.