Die Sterreichisch-ungarische Menarchie. (Juli 31.) 163
Das ist das, was wir wünschen. Aber ich wiederhole es: Niemand möge
sich darüber täuschen, daß dieser Friedenswunsch seine festgezogenen Grenzen
hat, und daß er sich nur innerhalb des Rahmens der Ehre vollziehen kann.
Wie wir gemeinsam mit unseren treuen Bundesgenossen gefochten haben,
so werden wir gemeinsam mit ihnen den Frieden schließen, jetzt
oder später. Und wir werden gemeinsam mit ihnen den Kampf bis zum
äußersten weiterführen, wenn auf der gegnerischen Seite der Wille oder
das Verständnis für diesen Standpunkt nicht aufzubringen sind. Wir und
unsere Bundesgenossen, wir haben ein Recht auf Leben und Entwicklung,
genau wie die anderen Völker dieser Erde, und es gibt keine Macht der
Welt, welche uns zwingen könnte, hierauf zu verzichten. Die Frage, wen
die Schuld an diesem Kriege trifft, will ich nicht aufwerfen, weil es in
diesem Zusammenhange zwecklos ist, über die Vergangenheit zu sprechen.
Aber von der Zukunft will ich sprechen, und dem Wunsche möchte ich Aus-
druck geben, daß es der Welt gelingen möge, nach dem Friedensschlusse
jene Mittel und Wege zu finden, welche dauernd die Wiederkehr eines
solchen entsetzlichen Krieges verhüten. Ein ieder moralisch denkende Mann
hat die Pflicht, mit dem besten Willen an dieses gigantische Werk heran-
zugehen, und alle Staaten der Welt werden versuchen müssen, in gemein-
samer Arbeit Garantien zu schaffen, die ein so fürchterliches Unglück, wie
der jetzige Weltkrieg ist, für die Zukunft unmöglich machen. Moral und
Vernunft sprechen dafür, die Wege zu suchen, welche die Welt von dem
Alp befreien, es könnten sich Zustände wiederholen wie jene, die wir jetzt
durchmachen. Dieser Weg mag schwierig sein, unmöglich ist er nicht. Das
sind die beiden Grundprinzipien, auf welchen meiner Meinung nach ein
Verständigungsfriede zustande kommen kann: erstens ohne Vergewaltigungen
und zweitens die Verhütung der Wiederkehr eines Krieges.
Die interne Situation erläuternd, erklärt der Minister: Die
Demokratisierung der Verfassungen ist ein Erfordernis der Zeit. In Oester-
reich wie in Ungarn sind die Regierungen daran, das große Werk einzu-
leiten und verfasfungsmäßig durchzuführen. Aber Oesterreich wie Ungarn
verwahren sich gegen fremde Einmischungen von außen; wir wollen uns
unser Haus selbst bestellen, so wie unsere Regierungen und unsere Ver-
tretungskörper dies für richtig halten. Wir mischen uns nicht in die An-
gelegenheiten fremder Staaten, aber wir verlangen hierin volle Reziprozität.
Ich will diese kurzen Ausführungen, welche bezweckten, der Oeffentlichkeit
ein allgemeines Bild der Situation zu geben, so wie ich sie sehe, nicht
beschließen, ohne vor einem Fehler zu warnen: Wir dürfen in schweren
Stunden, die wir in der Vergangenheit oft durchgemacht haben, ebenso-
wenig verzagt werden, wie wir bei großen Siegen — so wie wir sie jetzt,
dank der treu verbündeten glorreichen Armeen, erleben — nicht über-
mütig werden dürfen. Das Ziel bleibt dasselbe: Wir wollen und werden
uns einen ehrenvollen Frieden erkämpfen, und wir wollen und werden
dazu beitragen, eine neue Welt zu schaffen, welche die Garantien in sich
birgt, daß das entsetzliche Unglück eines Weltkrieges sich nicht wiederhole.
Das sind die Ziele, für die wir kämpfen und für die wir stehen und fallen.
31. Juli. Dr. v. Seidler teilt den Parteiführern mit, daß er
mit der Bildung eines endgültigen Kabinetts betraut worden sei.
31. Juli. (Ungarn.) An Stelle des zurückgetretenen Barons
Ludwig Kürthy wird das Mitglied des Magnatenhauses Graf
Johann Hadik zum Präßidenten des Volksernährungsamtes ernannt.
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