Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Bie #terreichisch-ugarische Monarchie. (November 29. 30.) 207 
Spitzmüller im Einvernehmen mit dem Grafen Stürgkh Geld für gewisse 
Parteiunternehmen erhalten hätten, darunter auch für die „Arbeiterzeitung“. 
Abg. Seitz (Soz.) weist die Beschuldigungen Hummers zurück und erklärt 
sie für „unwahr, frei erfunden und erlogen“. 
Am 29. wird das Gesetz in der Fassung des Ausschusses, der den 
ursprünglichen Beschluß des Abgeordnetenhauses unter gewissen kleinen 
Modifikationen aufrechterhält, angenommen. (S. ferner S. 223.) 
Sodann wird über die vom Herrenhause abgeänderten Justizgesetze 
(s. S. 199) beraten. Bezüglich des Gesetzes betr. die Revision der feld- und 
standrechtlichen Urteile tritt das Haus dem Beschluß des Herrenhauses bei. 
Für die beiden anderen Gesetze wird die ursprüngliche Fassung aufrecht erhalten. 
29. Nov. Auf den russ. Funkspruch vom 28. (s. Rußl.) gibt 
die k. u. k. Regierung funkentelegraphisch folgende Antwort: 
An die Regierung der Russischen Republik! Das Rundtelegramm des 
Rates der Volkskommissäre vom 28. Nov. l. J., womit die russische Regierung 
sich bereit erklärt, Verhandlungen über den Abschluß eines Waffenstillstandes 
und eines allgemeinen Friedensvertrages einzuleiten, ist der Regierung 
Oesterreich-Ungarns zugekommen. Die von der russischen Regierung bekannt- 
gegebenen Richtlinien für den abzuschließenden Waffenstillstand und Friedens- 
vertrag, hinsichtlich welcher die Regierung der Russischen Republik Gegen- 
vorschlägen entgegensieht, bilden nach Ansicht der österr.-ung. Regierung 
geeignete Grundlagen für die Einleitung dieser Verhandlungen. Die Re- 
gierung Oesterreich-Ungarns erklärt sich daher bereit, in die von der ruf- 
sischen Regierung vorgeschlagenen Verhandlungen über einen sofortigen 
Wasffenstillstand und über den allgemeinen Frieden einzutreten. 
Der k. u. k. Minister des Aeußern: Czernin. 
29. Nov. (Laxenburg.) Erzherzog Maximilian, der Bruder 
des Kaisers, vermählt sich mit Prinzessin Franziska zu Hohenlohe- 
Schillingsfürst. 
30. Nov. (Osterr. Abg.-Haus.) Russ. Friedensangebot. 
Nach Eröffnung der Sitzung ergreift Ministerpräsident Dr. Ritter 
v. Seidler das Wort zu folgenden Ausführungen: Hohes Haus! Wie dem 
hohen Hause aus der offiziellen Meldung des „k. k. Korr.-Bur.“ vom gestrigen 
Tage bekannt ist, hat die k. u. k. Regierung die Einladung der russischen Re- 
gierung zu sofortigen Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen 
allgemeinen Frieden bereits angenommen. (Lebh. Beif. und Händeklatschen.) 
Die k. u. k. Regierung ist im Sinne ihres wiederholt bekanntgegebenen Stand- 
punktes entschlossen, die einzuleitenden Verhandlungen im Geiste der Ver- 
söhnlichkeit zu führen, da ihre Absicht darauf gerichtet ist, baldigst einen 
Frieden zu erreichen, welcher das vertrauensvolle Zusammenarbeiten der 
Völker in Hinkunft ermöglicht. (Lebh. Beif.) Wie aus der gestern veröffent- 
lichten Antwort des Ministers des Aeußern an die Regierung der Russischen 
Republik weiter ersichtlich ist, hat sich die Regierung Oesterreich-Ungarns 
bereit erklärt, in Verhandlungen über einen allgemeinen Frieden einzutreten. 
(Lebh. Beif.) Bei diesen Verhandlungen wird die Regierung Oesterreich- 
Ungarns anstreben, mit jenen Staaten, die sich auf Grund der jetzt von 
Rußland ergangenen Einladung bereit erklären, einen Frieden zu schließen, 
zu einem Frieden zu gelangen, welcher für die vertragschließenden Gruppen 
leich ehrenvoll ist und der von dem Grundsatz „Ohne territoriale und wirt- 
chaftliche Vergewaltigungen“ geleitet sein wird. Hierbei wird die österr.-ung. 
Regierung das Recht der mit ihr zum Friedensvertrage schreitenden Staaten
	        
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