220 Bie ökterreichisch-mgarische Monarchie. (Dezember 4.—7.)
land konstruiert. Er hat, soweit ich folgern konnte, den Standpunkt fest-
genagelt, daß ich im Verhältnisse zu Deutschland nur so weit gehe, als ich
es für die österr.-ung. Monarchie für vorteilhaft halte, während die Grafen
Tisza und Andrassy darüber hinausgehen. Ich glaube, daß in diesem
Punkte nicht die geringste Differenz zwischen den beiden Herren und mir
besteht. Wir alle wollen nur das machen, was wir als im Interesse der
österr.-ung. Monarchie gelegen ansehen. Aber wir glauben eben, daß eine
Vertiefung des politischen und wirtschaftlichen Bündnisses mit Deutschland
den Interessen der Monarchie entspricht. (Beif.)
Der Herr Deleg. Okolicsanyi hat gestern seiner Skepsis bezüglich jener
Perspektiven Ausdruck gegeben, welche ich für die Zeit nach dem Kriege
in meiner Budapester Rede gestreift habe. Wenn ich mir gestatten darf,
noch kurz auf dieses Thema zurückzukommen und meinen Gedankengang
genau zu präzisieren, so muß ich neuerlich betonen, daß ich auf dem Stand-
punkte stehe, daß das erhöhte Rüstungsniveau, welches dieser Krieg für die
ganze Welt geschaffen hat, in Zukunft bei freier Rüstungskonkurrenz
nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Dieser Krieg hat gelehrt, daß
in Hinkunft mit den so und so vielfach erhöhten Rüstungen von früher
gerechnet werden muß. Wenn also die freie Rüstungskonkurrenz nach dem
Kriege fortbestünde wie vorher, dann müßten sich die Rüstungskosten so
phantastisch vermehren, daß ich behaupte, dies sei ein Ding der Unmöglich-
keit. Europa müßte eine einzige große Werkstatt für Rüstungen werden.
Wir werden also, und zwar nicht nur wir, sondern die ganze Welt, aus
dieser Impasse einen Ausweg suchen müssen. Ob in der von mir in Buda-
pest entwickelten Form, kann ich nicht voraussagen, aber ein Auswig wird
gefunden werden müssen. Ich glaube, daß es vernünftig ist, wenn wir dieser
Tendenz mit voller Kraft helfen, zum Durchbruche zu gelangen.
Eine weitere Anfrage, die der Herr Deleg. Graf Karolyi an mich
gerichtet hat, geht dahin, wieso es komme, daß im Exposé Spanien an
der Stelle ausgclassen sei, wo der neutralen Staaten Erwähnung getan
wird. Diese Bemerkung des Grafen Karolyi beruht auf einem offensicht-
lichen Irrtum oder Mißverständnisse. Im Exposé sind nämlich jene neu-
tralen Staaten namentlich aufgeführt, welche humanitäre Fürsorge für
unsere Staatsangehörigen, Hilfe für unsere Kriegsgefangenen, Interventionen
in Hospitalisierungsfragen, Fürsorge für Invalide usw. geleistet haben.
Spanien hat aus naheliegenden Gründen, infolge seiner geographischen
Lage nichts derartiges unternommen und auch nichts unternehmen können.
Allen Schutzstaaten wurde im Exposé kumulativ gedankt, natürlich auch
Spanien, dem wir ebenso wie den übrigen Staaten für seine Dienste auf
diesem Gebiete zu größtem Danke verpflichtet sind. Graf Karolyi hat aber,
ohne diese Antwort abzuwarten, zu meinem Bedauern angeblich in einem
Interview, das heute erschienen ist, bemerkt, daß mein Nichtantworten auf
seine Anfrage zu dem Schlusse berechtige, die Beziehungen zwischen der
Monarchie und Spanien seien getrübt. Ich bedaure diesen voreiligen
Schluß, dem ich auf das entschiedenste widerspreche. Unsere Beziehungen
zu Spanien sind so ausgezeichnet, als sie überhaupt nur sein können. Es
gibt keinen neutralen Staat, zu dem wir bessere Beziehungen unterhalten.
Ich habe den für mich ganz ungemein wertvollen Eindruck erhalten,
daß die Majorität der hohen ungarischen Delegation im großen und ganzen
meine Politik zu billigen scheint. Ich sage es ganz offen heraus, daß ich
den Zusammentritt der Delegationen aus ganzem Herzen ersehnt habe,
weil in einer Zeit wie der heutigen ein Minister des Aeußern unmöglich
die Geschäfte führen kann, wenn er nicht die feste Ueberzeugung hat, daß
die Mehrheit der beiden Delegationen seine Politik stützt und zu stützen