Großbritaunien. (Januar 13.) 249
Daß dieses letztere Uebel stark gemildert werden würde, wenn die
Alliierten die in ihrer gemeinschaftlichen Note entworfenen Veränderungen
in der Karte Europas durchsetzen könnten, ist offenbar, und ich brauche
nicht besonders darauf hinzuweisen. Es ist tatsächlich eingewendet worden,
daß die Austreibung der Türken aus Europa keinen eigentlichen oder
logischen Teil an diesem allgemeinen Plane bilde. Die Erhaltung des türk.
Reiches wurde viele Menschenalter hindurch von Staatsmännern von Welt-
ruf als wesentlich für die Erhaltung des europäischen Friedens betrachtet.
Weshalb, so wird gefragt, wird jetzt die Friedenssache mit dem vollkom-
menen Umsturz dieser überlieferungsgemäßen Politik in Verbindung ge-
bracht? Die Antwort darauf lautet: weil die Umstände sich völlig ge-
#ndert haben. Es ist unnötig, jetzt in Erwägung zu ziehen, ob die Schaf-
fung einer reformierten Türkei, die zwischen den feindlichen Rassen des
nahen Ostens vermittele, ein Plan war, welcher damals ausgeführt werden
konnte, als der Sultan aufrichtig war und die Mächte geeint waren. Sicher
ist es, daß er jetzt nicht ausgeführt werden kann. Die Türkei „der Einheit
und des Fortschritts“ ist mindestens ebenso barbarisch und viel aggresiver
als die Türkei des Sultans Abdul Hamid. In den Händen Deutschlands
hat sie sogar offenbar aufgehört, ein Bollwerk des Friedens zu sein, und
sie wird offen als ein Werkzeug der Eroberung benutzt. Unter deutschen
Offizieren kämpfen jetzt türkische Soldaten in Ländern, aus denen sie lange
vertrieben waren, und eine türkische Regierung, die von Deutschland be-
aufsichtigt, durch Hilfsgelder und andere Mittel unterstützt wird, hat sich
Metzeleien in Armenien und Syrien zuschulden kommen lassen, wie sie so
schrecklich selbst die Geschichte dieser unglücklichen Länder nicht aufzuweisen
hat. Augenscheinlich erfordern die Friedensinteressen und die Ansprüche
der Nationalitäten in gleicher Weise, daß die türk. Herrschaft über fremde
Rassen wenn möglich beendet wird, und wir dürfen hoffen, daß die Aus-
treibung der Türkei aus Europa ebensoviel zur Friedenssache beitragen
wird, wie die Zurückgabe von Elsaß-Lothringen an Frankreich, der ita-
lienischen Irredenta an Italien oder jede andere der Gebietsveränderungen,
die in der Note der Alliierten angegeben werden.
Es ist jedoch augenscheinlich, daß solche territorialen Wiederherstel-
lungen, wenn sie auch die Gelegenheiten zum Kriege vermindern können,
keine hinreichende Sicherheit gegen dessen Wiederkehr bieten, wenn Deutsch-
land oder vielmehr diejenigen Kreise in Deutschland, die seine öffentliche
Meinung bilden und seine Geschicke leiten, sich wiederum vornehmen, die
Welt zu beherrschen. Sie mögen dann zwar finden, daß das Abenteuer
durch die neue Ordnung der Dinge schwieriger, aber kaum, daß es un-
möglich geworden ist. Sie werden immer noch ein politisches System zur
Hand haben, das durch und durch auf militärischer Grundlage aufgebaut
ist. Sie werden weiter große Vorräte militärischer Ausrüstungsgegenstände
anhäufen und weiter ihre Angriffsmethoden vervollkommnen, so daß ihre
friedlicheren Nachbarn niedergeschlagen werden können, bevor sie sich selbst
zur Verteidigung vorzubereiten vermögen. Wenn in dieser Weise Europa,
sobald der Krieg vorbei ist, weit ärmer an Leuten, Geld und gegenseitigem
guten Willen ist, als es zur Zeit des Kriegsbeginns war, trotzdem aber
nicht in größerer Sicherheit sich befinden wird, dann werden die Zukunfts-
boffnungen für die Welt, die der Präsident hegt, ihrer Erfüllung ferner
als jemals sein. Es gibt Leute, welche glauben, daß internationale Ver-
träge und Gesetze für diese traurigen Zustände eine hinreichende Vorsorge
zu treffen vermögen. Aber solche Leute haben die Lehren schlecht begriffen,
die von der neuesten Geschichte so klar aufgestellt worden sind. Während
die anderen Nationen, insbesondere die Ver. Staaten und Großbritannien,