290 Erosbrilannien. (April 28. Mai 1.)
drohende Punkt am ganzen Horizont, und alle Parteistreitigkeiten müssen
für das allgemeine Wohl hintangestellt werden. Mitten in diesem großen
Kriege muß alles gewöhnliche Parteigerede unterbleiben, und wenn ich
für die Regelung der irischen Frage eintrete, so geschieht es, weil ich weiß,
daß dies in allen Teilen Amerikas und Australiens für eine Haupt-
bedingung für einen schnellen Sieg gehalten wird. Dann die indische Frage.
Deutschlands größte Enttäuschung in diesem Kriege war Indien. Anstatt
des erwarteten Abfalls fand Deutschland in Indien Loyalität und Hilfs-
bereitschaft für das britische Reich. Ich meine, daß die loyalen Millionen.
Indiens ein Recht darauf haben, zu fühlen, daß sie nicht eine unterjochte
Rasse im Reiche sind, sondern ein Teil der Nation. Alle diese Fragen er-
fordern staatsmännische Kühnheit. Aengstlichkeit und Schwachherzigkeit sind
im Frieden verabscheuungswert, im Kriege sind sie verhängnisvoll.
Am gleichen Tage teilt Schatzkan zler Bonar Law im Unterhause
in Erwiderung auf eine Frage mit: Das Reichskriegskabinett (s. S. 275)
habe einstimmig den Grundsatz angenommen, daß jeder Teil des Reiches,
bei aller schuldigen Rücksicht auf die Interessen der Alliierten, besonders
günstige Bedingungen und Erleichterungen gewähren soll, um für die
anderen Teile des Reiches Waren zu erzeugen.
Besonders die konservative Presse pflichtet der Rede Lloyd Georges
bei. Der „Daily Telegraph“ meint, die Stellungnahme des Premier=
ministers zu der Frage der Vorzugszölle hätte selbst das Herz eines Joseph
Chamberlain erfreut. Es sei ein Sieg des großen Reichsgedankens über
die Parteirichtungen. Dagegen setzen die liberalen Blätter gerade hier
mit ihrem Tadel ein.
W. April. Friedenskundgebung der Unabh. Arbeiterpartei.
Die Unabhängige Arbeiterpartei veröffentlicht der „Voss. Ztg.“
zufolge einen Aufruf an das englische Volk, worin der Regierung der
schwere Vorwurf gemacht wird, daß sie einen gerechten Frieden mit den
Völkern der Mittelmächte auf jede Weise zu verhindern suche und die auf-
richtigen Anträge deutscher und österr.-ung. Staatsmänner systematisch als
Lügenwerk und hinterlistiges Spiel abfertige. Diese Ablehnung jeglichen
Friedensgedankens sei das Werk der Kriegspartei, von deren Joch sich das
engl. Volk nun endlich befreien müsse. Das engl. Volk müsse auf seine Art
suchen, mit den Völkern der Mittelmächte zu einem Frieden zu gelangen.
Der Aufruf verlangt, daß das Land sich auf ehrenvolle Art mit Deutsch-
land einige, das niemals an die Vernichtung des engl. Volkes gedacht habe.
1. Mai. Das Reichskriegskabinett (s. S. 275) hält seine letzte
Sitzung ab.
Auch die Reichskriegskonferenz (s. S. 275) geht ihrem Ende ent-
gegen. Ueber ihre Ergebnisse teilt das Kolonialamt unterm 3. folgendes
mit: Während einige der angenommenen Entschließungen nicht vor dem
Ende des Krieges veröffentlicht werden können, können folgende Tatsachen
jetzt bekanntgegeben werden: Es ist beachtenswert, daß alle Entschließungen
einstimmig gefaßt wurden. Die Konferenz nahm Entschließungen zugunsten
einer Vereinheitlichung der Waffen und Ausrüstungsgegenstände aller Teile
des Reiches an, die der schweren Artillerie und dem Personal der verschie-
denen militärischen Organisationen des Reichs eine ähnliche Ausbildun
sichern soll. Sie ersuchte die Admiralität, unmittelbar nach dem Abschlu
des Krieges einen wirksamen Plan zur Verteidigung des Reichs zur See
auszuarbeiten und den auf der Konferenz vertretenen Regierungen zur
Beratung zu unterbreiten. Die Konferenz empfahl weiter die Einberufung