364 Greßbrilannien. (November 29.)
schützen müssen, daß wir der Wiederkehr von Bedingungen zuvorkommen
müssen, unter denen wir, als der Krieg ausbrach, uns von wesentlichen
Artikeln entblößt fanden, weil wir gewisse Industrien und gewisse Bezugs-
quellen vollständig unter die Herrschaft unserer Feinde hatten geraten lassen.
Voraussetzung ist allerdings, daß es sicherlich in unserem eigenen Interesse
liegen wird, den Strom des Handels, soweit unsere eigenen Wirtschafts-
interessen es erlauben, stark und ungebrochen in seinen natürlichen Kanälen
fließen zu lassen.
Es bleibt die Frage territorialer Ansprüche. Die maßgebendste Fest-
stellung dieser Ansprüche findet sich in der Note der Alliierten vom 10. Jan.
1917. Diese Feststellung muß augenscheinlich als eine umfassende Skizzierung
der Münsche der Alliierten angesehen werden; aber will irgendjemand
daraus schließen, daß diese Skizzierung vollständig sei? Oder daß es nicht
nötig werden könne, sie neu zu überprüfen?
Asquith sprach in Liverpool im vergangenen Oktober folgende Sätze:
„Niemand vertritt den Standpunkt, daß es für eine der beiden Parteien
wichtig oder praktisch sein würde, ein detailliertes, erschöpfendes, genaues
Ultimatum mit Klauseln und Unterklanseln zu formulieren, das wörtlich
und buchstäblich Kapitel für Kapitel angenommen werden müsse als die
unumgängliche Einleitung und Bedingung des Friedens.“ „Es gibt viele
Dinge“, setzte er hinzu, „in einem weltumfassenden Konflikt, wie es dieser
ist, welche weiterer Erörterung und Verhandlung, Anpassung und Berich-
tigung in einem späteren Stadium überlassen werden müssen.“ Es ist sicher
höchst wichtig, daß dieser weise Rat nicht vergessen wird. Einige unserer
ursprünglichen Wünsche sind wahrscheinlich unerreichbar geworden. Andere
würden jetzt wahrscheinlich weniger in den Vordergrund gestellt werden als
damals, da sie zum ersten Male vorgebracht wurden. Andere wieder, vor-
näglic die Belgien geschuldete Wiederherstellung bleiben im Vordergrund
und müssen immer da bleiben, aber wenn wir dann an eine vollständige
Neuordnung der Karte Südosteuropas denken, so dürfen wir wohl eine
Vertagung des Urteils fordern und jene Aufklärung, welche allein ein freier
Meinungsaustausch zwischen den alliierten Mächten bieten kann. Denn
alle diese Fragen betreffen unsere Alliierten so gut wie uns selbst. Wenn
wir einen Rat der Alliierten bekommen sollen, um unsere Strategie im
Felde den immer wechselnden Entwicklungen des Krieges anzupassen, dann
ist es wohl billig, zu erwarten, daß die Alliierten auch in der Frage der
Friedensbedingungen es sich werden angelegen sein lassen, die territorialen
Erfordernisse zu prüfen und, wenn nötig, zu revidieren.
Lassen Sie mich zum Schluß erklären, warum ich diesen Betrachtungen
eine so große Wichtigkeit beilege. Wir werden diesen Krieg nicht verlieren,
aber seine Fortsetzung wird den Ruin für die zivilisierte Welt bedeuten
und eine unendliche Vermehrung der Last des Leidens bewirken, die be-
reits auf der Menschheit ruht. Sicherheit wird von unschätzbarem Wer
sein für eine Welt, welche noch die Lebenskraft besitzt, daraus Nutzen zu
ziehen; aber was wird der Wert der Segnungen des Friedens für Nationen
sein, die so entkräftet sind, daß sie kaum die Hand ausstrecken können, um
nach jenen Segnungen zu greifen? Meine Ueberzeugung ist: Wenn der
Krieg so rechtzeitig beendigt werden soll, daß eine Weltkatastrophe ver-
hindert wird, so wird er beendigt werden, weil in beiden Lagern die be-
troffene Bevölkerung einsieht, daß er bereits zu lange gedauert hat. Es
kann kein Zweifel sein, daß dieses Gefühl in Deutschland, Oesterreich und der
Türkei weit verbreitet ist. Wir wissen genau, daß der wirtschaftliche Druck in
diesen Ländern ganz beträchtlich denjenigen übersteigt, dem wir hier aus-
gesetzt sind. Die Minister berichten uns in ihren Reden von „ständigen