396 Frankreich. (März 21.)
Ribot wird von zahlreichen Beifallsbezeigungen unterbrochen, ins-
besondere bei den Stellen, die sich auf das verbündete Rußland, auf die
ruhmreiche Kriegführung und auf das Vertrauen aufs den Sieg beziehen.
Die Kammer beschließt die sofortige Besprechung der eingebrachten
Interpellationen, die genauere Darlegungen über die Absichten der
Regierung wünschen.
Abg. Dubois erklärt, er sei besorgt über die Beziehungen der Re-
gierung zu dem Oberkommando. Die Regierung müsse die Verwendung
der Mittel kontrollieren, es sei für die allgemeine Kriegführung notwendig,
eine gleichwertige militärische und wirtschaftliche Organisation zu schaffen.
Die Kontrolle des Kriegskomitees müsse sich auf alle Alliierten erstrecken,
es wäre gut, wenn ein technischer Generalstab zur Beratung des Kriegs-
komitees organisiert würde. Die Regierung müsse der Kammer Erklärungen
darüber abgeben, damit diese ihre Verantwortlichkeit kenne. — Abg. Jobert#
bezeichnet die landwirtschaftliche Lage als beunruhigend. Hier seien Hand-
lungen, nicht Worte notwendig. — Abg. Chaunié fragt, was die neue Regie-
rung Neues in ihr Aktionsprogramm aufsgenommen habe, die Opposition
habe Erneuerung ihres Programms verlangt und dürfe nicht weiteren Grund
für ihre Haltung haben, nachdem man ihr anscheinend Genugtuung ge-
geben habe. — Abg. Augagneur erklärt, die Zensurfrage sei der wichtigste
Punkt, seit zwei Jahren sei der Geisteszustand des Landes durch das Ver-
bot, schlechte Nachrichten zu kommentieren, verfälscht worden, man habe
dadurch einen gefährlichen falschen Optimismus geschaffen, der alle Energie
töte. — Abg. Landry verlangt bessere Zusammenarbeit aller Verwaltungs-
stellen und engere Zusammenarbeit aller Alliierten in politischer, militärischer
und wirtschaftlicher Hinsicht.
Ministerpräsident Ribot erwidert, man könne die neue Regierung
noch nicht beurteilen, sondern müsse ihre Handlungen abwarten; er habe
bei seiner Kabinettsbildung alle Mitglieder des früheren Kabinetts behalten
wollen, es handle sich jedoch nicht um Personen, sondern um die Landes-
verleidigung, deshalb habe er sich nicht um die proportionale Vertretung
der Parteien gekümmert, noch darum, ob man dieser oder jener Gruppe an-
gehöre, wenn man nur dem Vaterland und der Landesverteidigung zugetan
sei. Es müsse eine Verständigung zwischen den einzelnen Ministern für die
gemeinsame Sache erzielt werden. Bezüglich der allgemeinen Kriegführung
habe die Regierung die Verantwortung vor dem Parlament, er könne da-
her nicht zulassen, daß andere verantwortliche Regierungsstellen geschaffen
würden, die der Regierung gegenüber den Vorrang besäßen. Ribot sügt
bei: In militärischer Hinsicht dürfen wir ungeheure Hoffnungen hegen.
Das deutsche Zurückweichen ist das Vorspiel neuer Schlachten. Das Land
ist darauf vorbereitet. Wir auch. Für den Frieden müssen wir matericlle
und moralische Sicherheiten haben. Die staatlichen Verbände müssen demo-
kratisch sein. Bei der Besprechung der Zensur sagt Ribot: Man ist dem
Lande die Wahrheit schuldig. Nur die falschen Nachrichten und die An-
griffe gegen die republikanischen Einrichtungen werden unterdrückt werden.
Die Kritik gegen die Regierung wird nicht unter die Zensur gestellt werden.
Wir wünschen aber, daß sie in offener Weise betrieben wird. Auf die Er-
eignisse in Rußland übergehend, huldigt Ribot dem Zaren für seine Treue
gegenüber dem Bündnis und für seine edelmütige Haltung bei dem Ver-
zicht auf den Thron. Er wünscht von ganzem Herzen, daß die russische
Revolution in Ruhe vor sich gehen könne. Ribot schließt, indem er um
das Vertrauen der Kammer ersucht, wobei er ausführt: Es gibt in Frank-
reich nur eine Partei, nämlich die Partei derjenigen, die kämpfen und
oiben für Frankreich. Von diesem bewunderungswürdigen Lande wird