Fruntreich. (Juni 5.) 411
erforderlich, daß das Land in dem Endabschnitt dieses Krieges alle seine
Energien sammelt. Wenn man dem Lande glauben machen würde, daß ein naher
Frieden aus derartigen Zusammenkünften hervorgehen kann, welche Ergeb-
nisse härte dies? Nein, der Friede kann nur aus dem Sieg hervor-
gehen. (Lebh. Beif.) Was würde man auf der anderen Seite des Ozeans
denken, in dieser Republik der Ver. Staaten, wo man sich darauf vorbereitet,
uns so wertvolle Hilfe zu bringen. Nein, m. H., die Regierung kann
sich nicht einen derartigen Präzedenzfall schaffen lassen; . darf nicht
die Verantwortung dafür übernehmen, die Reise nach Stockholm
zugenehmigen und zu erleichtern. Sie kann dabei keinen Zweifel haben
an dem Patriotismus unserer Kollegen. (R. weist dabei auf die Soz.)
N. bringt sodann den Gefühlen seine Huldigung dar, die die russischen
Verbündeten Frankreichs beseele. Diese werden, fährt er fort, sicherlich
die Gründe begreifen, die in der gegenwärtigen Stunde gewisse Unter-
haltungen nicht gestatten. Die franz. Regierung hatte bereits Gelegenheit,
ihrem Mitgefühl und ihrer Bewunderung für die mutigen Männer Aus-
druck zu geben, die die russische Regierung in die Hand genommen haben,
und die franz. Regierung hat nichts vernachlässigt, um der russischen Re-
gierung, zu der sie einen franz. Minister (Thomas) entsandt hat, wirksame
Unterstützung angedeihen zu lassen. Wir werden weiterhin die engsten Be-
ziehungen zu der russischen Regierung unterhalten. Wir haben bereits nach
Petersburg drei Ihrer Mitglieder entsandt, von denen zwei zurückgekehrt
und. Wir werden noch Pässe zur Reise nach Petersburg ausstellen, wenn
die Zusammenkunft in Stockholm von der Bildfläche verschwunden sein
wird. (Lebh. Widerspruch und ironische Ausrufe auf der äußersten Linken.)
Ich habe gesagt: Die Regierung würde Pässe nach Petersburg ausstellen,
wenn die Franzosen bei ihrer Rückkehr durch Stockholm nicht Gefahr laufen
würden, wider ihren Willen mit Agenten des Feindes zusammenzutreffen.
Bir können nicht die öffentliche Meinung durch diese verfrühten Friedens-
gerüchte in Verwirrung bringen lassen. Wir wissen, woher diese stammen. Der
Feldzug ist mit frecher Kühnheit begonnen worden. Sagte man nicht, daß
mit Rußland ein Angriffsbündnis und nicht ein Verteidigungsbündnis be-
stehe, und daß der Präsident der Republik selbst es aufgesetzt habe? Das
ist eine Niederträchtigkeit. Und damit sich niemand einer Täuschung hin-
gibt: IJch habe die Absicht, mit Zustimmung der russischen Regierung
alle Dokumente ohne Ausnahme zu veröffentlichen. Ribot legt
weiter dar, daß dieser abscheuliche Feldzug die Streiks auszubeuten ver-
suche, welche ihr Entstehen nur den Schwierigkeiten des Lebens verdanken.
Die Regierung, schließt R., ist davon überzeugt, daß die öffentliche Meinung
sich nicht verwirren lassen wird. Kammer und Land werden ihre Pflichten
nicht vernachlässigen. (Die Rede wird außer von einem Teil der äußersten
Linken mit langanhaltendem Beifall aufgenommen.)
Hierauf beschließt das Haus eine Geheimsitzung abzuhalten, um den
Bericht der Abgg. Cachin und Moutet über die Lage in Rußland entgegen-
zunehmen. Im Anschluß daran kommt es zu scharfen Auseinandersetzungen
über die Rriegsziele der Regierung, wie sie in den Geheimverträgen mit
Rußland festgelegt worden sind. Aufschlußreiche Enthüllungen über den
Verlauf dieser Geheimberatungen hat Reichskanzler Dr. Michaelis am
28. Juli (s. Tl. 1 S. 729 ff.) gemacht. Z
Nach Beendigung der Geheimsitzungen (Mitternacht des 4.) verliest
der Präsident vier im Anschluß an die Auseinandersetzungen eingebrachte
Tagesordnungen, davon drei soz. und eine der Abgg. Klotz und Dumont.
bg. de Monzie ersucht die Kammer dringend um einstimmige Annahme
der Tagesordnung Klotz, die besagt, daß die Abgeordneten einmütig ihren