Erankreitj. (Juli 7.) 421
hat. Alle die Persönlichkeiten, die an diesem Kriegsrat teilgenommen haben,
sind nach meiner Ansicht mitverantwortlich. Die einen hat man verurteilt;
ich meine die Generale. Ich frage mich, warum nicht auch die andern
verurteilt wurden, d. h. die Zivilpersonen, die trotz der Offensive noch da
sind. Das Scheitern der vier bisher unternommenen Offensiven, die Lage
Frankreichs mit seinen Heeresreserven, die daraus entspringende Not-
wendigkeit, neue Opfer an Menschenleben zu vermeiden, Opfer, die Ver-
brechen sind, sobald sie unnütz gebracht werden, alles das machte es dem
Staatsoberhaupt und den in Compieègne anwesenden Ministern zur Pflicht,
den Generalen, die die Offensive verlangten und ankündigten, mit dieser
Offensive werde der Bewegungskrieg wieder ausgenommen werden, folgendes
zu sagen: „Entweder wird der Sieg sein, so wie ihr ihn jetzt ankündigt,
oder es wird für euch der Tod sein, wenn der Schlag euch nur halb ge-
lingt.“ Diese Sprache, die man in den Revolutionsversammlungen ge-
sprochen hat, und die das Land im Jahre 1793 rettete, hätte die Offiziere
zur Vorsicht gemahnt und Frankreich vor einer Geschichte, deren Folgen
wir jetzt beklagen, bewahrt. Vielleicht wäre die Offensive dann nicht erfolgt.
Man hat aber nicht so gesprochen. Ich habe auf Ehre und Gewissen die
Ueberzeugung, daß es ein Verbrechen gegen das Vaterland war. Zu diesem
Verbrechen kam noch ein andres: Mit Zustimmung des Staatsoberhauptes
und der Regierung . (Präsident Deschanel: Der Präsident der Republik
darf nicht in die Debatte gezogen werden.) Er hätte ja nicht nach Com-
piegne zu gehen brauchen. Ich beleidige den Präsidenten der Republik
nicht, aber als Vorsitzender des Kriegsrats in Compiegne ist er uns ver-
antwortlich. Ich erkläre somit: Mit Zustimmung des Staatsoberhauptes
und der Regierung wurden viele Soldaten erschossen, ohne das Recht auf
Begnadigung zu haben und ohne daß ihr Prozeß mit allen Rechksbürg-
schaften vor sich gegangen wäre. Ich muß auf Ehre und Gewissen das
Verhalten der Regierung als unverzeihlich bezeichnen. Deshalb stimme ich
gegen das Vertrauensvotum. Ich werde auch gegen jedes andre Ministe-
rium stimmen, das unter dem Protektorat gebildet... (Präsident Deschanel:
Ich lasse Sie nicht weiter sprechen. Ihre Worte werden im „Amtsblatt“
nicht erscheinen.) Hierauf wird Raffin--Dugens das Wort entzogen. Nach
dem Protokoll des „Amtsblattes“ folgen heftige Zusammenstöße zwischen
dem Präsidenten der Kammer und den soz. Abg. Jean Bon und Poncet.
Beide Deputierte hatten Tagesordnungen über die Verantwortlichkeit für
die Offensive eingebracht, die vom Präsidenten als unzulässig und als be-
leidigend für die Regierung zurückgewiesen wurden. Abg. Jean Bon protestiert
heftig und bezeichnet das Vorgehen Deschanels als verfassungswidrig.
Ministerpräsident Ribot bedauert, daß man mit Bezug auf die
Offensive vom 16. April von einem Mißerfolg gesprochen habe, während
das Heer in Wirklichkeit einen vielleicht teuer erkauften, aber ruhmreichen
Erfolg davongetragen habe. Welche Woge Pessimismus wäre über unser
Land gegangen, wenn die Deutschen das Ergebnis erzielt hätten, das wir
erzielt haben. Man hat gesagt, daß Fehler begangen wurden und uns ge-
fragt, welche Ahndungen verhängt wurden. Wir können hier nicht Urteile
fällen. Wenn Ahndungen nötig sind, muß man sie verhängen. Die Ge-
rechtigkeit muß für alle gleich sein. Die Manneszucht besteht nicht nur in
strenger, unerbittlicher Unterdrückung. Man kommandiert eine Nation in
Waffen nicht wie ein Söldnerheer. R. empfiehlt sodann, zu versuchen, die
Leiden der Soldaten zu erleichtern, und führt aus: Seit drei Jahren trägt
Frankreich die schwerste Last des Krieges. Der Augenblick ist gekommen,
wo man mit den Verbündeten prüfen muß, ob es kein Mittel gibt, die
Lasten gerechter zu verteilen. Die seit drei Jahren verfolgte Politik war