Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

422 Fra#nkreich. (Juli 7.) 
die der Einigkeit. Soll man darauf verzichten? Durch diese Politik haben 
wir während drei Jahren ohne Gewaltanwendung den sozialen Frieden 
esichert. Deutschland wird alles versuchen, um den Gegner zu verwirren. 
# spielt in dieser Hinsicht auf die Entdeckung eines Schecks von bedeutender 
Höhe und verdächtigen Ursprungs an, den der Leiter des Pariser Blattes 
„Le Bonnet Rouge“ erhielt. Es sei Untersuchung eingeleitet und Ver- 
haftung vorgenommen worden und die Regierung werde keinerlei Rücksicht 
walten lassen. Denen, die bewußt oder unbewußt sich bemühen sollten, uns 
diesem ehrlosen Frieden zuzuführen, den Deutschland wünscht, und der 
unsere Schande wäre, verweigere ich die Redefreiheit. Ueber Griechenland 
sagt R.: Ein wenig Kühnheit und Entschlossenheit genügte, um die Einheit 
in diesem Lande wiederherzustellen. R. huldigt sodann dem russischen 
Heere und bemerkt: Der Sieg ist uns sicher, wenn wir unsere Würde be- 
wahren, unser Mut und unsere Entschlossenheit nicht nachlassen. 
Die Kammer billigt sodann der Tagesordnung Renoult, die der gegen- 
wärtigen Regierung das Vertrauen gewährt unter tatsächlicher Verurteilung 
Briands und des Generals Nivelle, mit 348 gegen 135 Stimmen die 
Priorität zu. Die Tagesordnung Renoult bis zu den Worten: „Unter 
Ablehnung jedes Zusatzes“ wird sodann mit 375 gegen 25 Stimmen an- 
genommen. Der Präsident teilt darauf mit, daß eine Reihe von Zusatz 
anträgen vorläge. Sie beträfen die Friedensbewegung, das Urlaubswesen, 
die Kriegsjustiz usw. Die Kammer beschließt in namentlicher Abstimmung 
mit 261 gegen 226 Stimmen, daß alle Zusätze, entsprechend dem Antrage 
Renoult, ausgeschaltet werden sollen. Die gesamte Tagesordnung Renoult 
wird sodann ohne namentliche Abstimmung mit 375 gegen 23 Stimmen 
angenommen. Die Kammer nimmt schließlich eine Tagesordnung an, 
die die Sanitätsverwaltung von der Verantwortung für das Versagen 
des Sanitätsdienstes bei der großen Frühjahrsoffenstoe freispricht. Diese 
Tagesordnung enthält folgenden Satz: Die Kammer stellt fest, daß die 
Tatsachen, die man dem Sanitätsdienst vorwerfen könnte, das Ergebnis 
des völligen Mangels an Zusammenarbeit des Oberkommandos mit dem 
Sanitätsdienst gewesen sind. Das Hauptquartier des Generals Nidvelle 
wird also ausdrücklich dafür verantwortlich gemacht, daß infolge des 
Versagens des Sanitätsdienstes Tausende von Verwundeten ohne Hilfe 
gestorben sind. 
Die angenommene Tagesordnung Renoult lautet: Die Kammer, 
entschlossen, die volle Ausübung ihrer Kontrolle über alle Dienstgweige der 
Armee zu sichern, ohne in die militärischen Operationen einzugreifen, 
billigt die Erklärung der Regierung. Sie hat das Vertrauen, daß die 
Regierung die Leitung und Kontrolle der allgemeinen Kriegführung in 
ihrer Hand behält, daß sie allen militärischen Rangstufen gegenüber das 
Gefühl der Disziplin und der Gleichberechtigung geltend macht und die 
Strafen in billiger Weise der Schwere der persönlichen Verfehlungen anpaßt, 
daß sie im Einvernehmen mit den Alliierten eine Verteilung der gemeinsamen 
Streitkräfte durchführt, die gestattet, die Lebensbedingung des Soldaten zu 
verbessern, einen Ausgleich herzustellen zwischen der militärischen Leistung 
und den wirtschaftlichen Bedürfnissen Frankreichs und alle Maßregeln zu 
ergreifen, die geeignet sind, den Sieg der Demokratien über die mittel- 
europäischen Mächte zu beschleunigen. Die Kammer begrüßt die Ankunft 
der ersten amerik. Regimenter in Frankreich und die Offensive der Armeen 
des freien Rußlands als Unterpfand des gemeinsamen Sieges. Sie sendet 
den tapferen Truppen der Republik und der Alliierten, Offizieren und 
Soldaten aufs neue den Ausdruck des Dankes des franz. Volkes und geht 
unter Ablehnung jedes Zusatzes zur Tagesordnung über.
	        
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