Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Frankreich. (September 19.) 443 
alten Männern, deren Verdienst es sei, sich in Friedenszeiten Minister- 
portefeuilles in die Hand gespielt zu haben. R. verlangt sodann von Pain- 
levé, er solle sein Versprechen aus der letzten Geheimsitzung halten. Seine 
Erklärung mache nicht den Eindruck, daß die Regierung tatkräftig sei. Die 
Soz. würden sich der Abstimmung enthalten, nicht um die Regierung zu 
stürzen, sondern um ihre Taten abzuwarten. 
Hierauf wird die von der Regierung gebilligte Tagesordnung Laf- 
font (Rad.-Soz.), die besagt: „Unter Billigung der Erklärungen der Re- 
gierung und im Vertrauen auf sie hinsichtlich der weitern energischen Durch- 
führung des Kriegsprogramms geht die Kammer zur Tagesordnung über“, 
mit 378 gegen eine Stimme angenommen. Der Stimmabgabe enthalten 
sich 129 Abg., darunter 85 geein. Soz., 23 Rad.-Soz., 8 republ. Soz., 2 Abg. 
der rad.-republ. und rad.--soz. Vereinigung, 2 Linksrepublikaner, 2 Links- 
demokraten, 3 Unabh., 1 Linksradikaler und 3 nicht eingeschriebene Abg., 
50 Abg. sind beurlaubt, 6 anderweitig an der Teilnahme bei der Abstim- 
mung verhindert. Die Haltung der franz. Presse gegenüber den Er- 
klärungen Painlevés ist im allgemeinen kühl und zurückhaltend. Die Mehr- 
zahl der Blätter teilen gleichzeitig mit, daß die Acußerungen Painlevés 
auch in der Kammer kühl ausgenommen wurden. Das Land wie das 
Parlament seien der Versprechungen überdrüssig und warten auf Handlungen. 
Die Mitteilung Deschanels über ein angebliches Telegramm des 
russ. Ministers des Aeußeren, daß Rußland fest entschlossen sei, den Krieg bis 
zum siegreichen Ende zu führen, ruft eine Erklärung Terestschenkos an 
die Petersburger Presse hervor, daß er seit längerer Zeit überhaupt kein 
Telegramm nach Paris gesandt habe. Wahrscheinlich habe sich D. auf 
einen am 17. August an den französischen Botschafter in Petersburg ge- 
richteten Brief bezogen, worin nur von dem festen Vorsatz gesprochen worden 
sei, trotz der augenblicklichen Schwierigkeiten den Kampf für den Triumph 
der Grundsätze, für welche die Verbündeten gemeinsam eintreten, sortzusetzen. 
Bezüglich der Stellung der russ. Prov. Regierung zur Frage der 
Veröffentlichung der Geheimabkommen der Verbandsmächte über 
die Kriegsziele teilt der russ. Minister des Aeußern Terestschenko dem 
russ. Geschäftsträger in Paris in einem Geheimtelegramm v. 24. Sept. 1917 
(veröffentlicht in der Petersburger „Iswestija“ v. 24. Nov. 1917) mit: Ich 
bitte Sie, offiziell der franz. Regierung zu erklären, daß seitens Rußlands 
keine Einwendungen gegen die Veröffensiichung aller Abkommen erhoben 
werden sollen, die sowohl vor wie während dem Kriege abgeschlossen worden 
sind, wenn seitens der übrigen daran interessierten Verbündeten das Ein- 
verständnis hiermit erklärt wird. 
19. Sept. (Kammer.) Vorlage des Budgetprovisoriums. 
Im Hause wird der Bericht über den prov. Budgetvoranschlag 
für das letzte Vierteljahr 1917 verteilt. Die geforderten Kredite be- 
laufen sich auf 11 203 Mill. Fr. im Hauptbudget und 945 Mill. im Neben- 
budget, zusammen 12148 Mill. Fr. Die Zunahme der Ausgaben gegenüber 
dem dritten Vierteljahr beträgt 1329 Mill., die Zunahme der reinen Kriegs- 
ausgaben 854 Mill. Die Gesamtausgaben, die im franz. Budget für den 
Krieg eingestellt sind, belaufen sich vom 1. Aug. 1914 bis 31. Dez. 1917 
auf 102642038 907 Fr. Die durchschnittlichen Monatsausgaben betrugen 
für die einzelnen Kriegsjahre im Jahre 1914 1318 Mill. Fr., im Jahre 
1915 1900 Mill.-Fr., im Jahr 1916 2743 Mill. Fr. und im Jahre 1917 
3360 Mill. Fr. Die tatsächlichen Steuereingänge in den drei Kriegs- 
jahren betrugen 12846 Mill. Fr. gegenüber einem Voranschlage von 
14225 Mill. Fr.; der Ausfall beträgt 1379 Mill. Fr. oder 9.70 Proz. Auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.