Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

468 Krankreich. (November 13.) 
alliierten Ländern ertragen werden, soll uns überzeugen, daß wir alle 
nebensächlichen Erwägungen beiseite stellen müssen, um endlich das allgemeine 
Ende dieser Opfer selbst zu erreichen. Es ist notwendig, daß unverzüglich 
jede persönliche Meinung, jede sachliche oder parteipolitische Absicht zurück- 
gehalten wird. Wir sind in einer der feierlichnen Stunden der Geschichte 
der menschlichen Eutwicklung. Entwürdigt wird diese große Stunde nur 
durch eine unentschuldbare Kleinlichkeit. (Zu dieser Rede s. S. 355 ff.) 
Der italienische Unterrichtsminister Berenini drückt darauf den Dank 
Italiens für die Einigkeit der Alliierten aus, die in so offenkundiger An 
zutage getreten sei, und legt den einmütigen Willen des italienischen Volkes 
zum Widerstand dar. Er begrüßt die Ankunft der alliierten Truppen in 
Italien und gibt seinem Vertrauen zum interalliierten Ausschuß und zur 
unerschütterlichen Sicherheit des Sieges Ausdruck. 
13. Nov. (Kammer.) Opposition gegen Painlevé. 
Ministerpäsident Painlené verliest zu Beginn der Sitzung eine Er- 
klärung, die folgendermaßen beginm: Die schwerwiegenden Ereignisse der 
letzten Zeit verpflichten die Regierung, eine Erklärung abzugeben. Einer. 
seits haben sich die Extremisten Petersburgs dieser Stadt vorübergehend 
bemächtigt. Obgleich die letzten Nachrichten anzunehmen gestatten, daß die 
prov. Regierung die Macht wiederherstellen konnte, werden die Rückwirkungen 
dieser Erschürerung noch einige Zeit fühlbar sein. Andererseits hat die 
verhältnismäßige Bewegungsfreiheit an der Ostfront, welche die russischen 
Heere den deutschen Heeren gelassen haben, letzteren erlaubt, viele Divisionen 
auf den ital. Kriegsschauplatz zu entsenden. Die ital. Nordostfront ist unter 
noch nicht aufgeklärten Umständen durchbrochen. Die zweite ital. Armee, 
die einige Wochen zuvor auf der Hochfläche von Bainsizza einen glänzenden 
Sieg erfochten hatte, hat auf ihrem beklagenswerten Rückzuge erhebliche 
Verluste erlitten. Venetien stand dem feindlichen Einbruch offen. Diese 
ernste, unerwartete Lage verlangte sofort eilige Maßregeln. Ohne auch nur 
auf einen Ruf zu warten, sind franz. Truppen herbeigeeilt und haben ihren 
Platz an der ital. Front mittels einer Bewegung eingenommen, deren 
schnelle und genaue Ausführung die Bewunderung aller, die davon Kenntnis 
nehmen konnten, erregt. Heute ergießen sich nun engl. Truppenmassen 
jenseits der Alpen. P. stellt fest, daß im Augenblick der größten Schwierig- 
keiten keine Minute verloren worden sei. Die Nationen, die die Westrom 
von der Nordsee bis zur Adria hielten, könnten nur auf Grund eines ge- 
meinsamen Planes durch enge Verbindung ihrer Heere und Hilfsquellen 
ihre Aufgabe durchführen, wie ja auch die Kammer vor zwei Monaten der 
Absicht der Regierung zugestimmt hätte, aus den Alliierten eine Nation, 
eine Armee und eine einheitliche Front zu machen. Dieses Bestreben führte 
nunmehr zur Vereinheitlichung der kriegerischen Tätigkeit Englands, Frank- 
reichs und Italiens in einem gemeinsamen obersten Kriegsrat, 
dem sich auch die Vereinigten Staaten zweifellos anschließen würden. Ver- 
handlungen über eine ähnliche Einrichtung würden mit Rußland und 
Japan geführt. Dieser oberste Kriegsrat, sagt Painlevé, soll nicht die 
Einzelheiten der Kriegsoperationen vorschreiben, sondern die allgemeine 
Kriegspolitik leiten, die gemeinsamen Pläne der Alliierten entwerfen und 
ihren Hilfsquellen und Mitteln dergestalt anpassen, daß sie die größt- 
mögliche Leistung ergeben. Er besteht aus zwei Vertretern jeder Regierung 
und tritt gewöhnlich mindestens einmal monatlich in Frankreich zusammen. 
Er wird von dem ständigen gemeinsamen Generalstab der Alliierten unter- 
stützt, der zugleich die Sammelstelle aller Nachrichten und ein Fachbeira# 
ist. Die Entscheidungen des Kriegsrates werden nicht durch irgendwelchen
	        
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