Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Jialien. (März 1. - 17.) 493 
Verbindungen. Erfahrungsgemäß sind von den bewaffneten Handelsschiffen 
75 Proz. der Versenkung entgangen. Von waffenlosen Handelsschiffen 
entkommen dem Angriff kaum 24 Proz. Feindliche U-Boote haben fast nie 
den Geschützen der Handelsschiffe widerstehen können. Immerhin wider- 
streben noch manche Reeder der Bewaffnung ihrer Dampfer. Insgesamt 
sind jedoch bereits über 1000 Kanonen auf italienischen Handelsschiffen 
montiert. 60 Proz. der italienischen Handelsschiffe sind bewaffnet und 100 
funkentelegraphische Stationen eingerichtet. Bald dürften alle Schiffe Kanonen, 
Kanoniere und einen funkentelegraphischen Dienst haben. Die Tüchtigkeit 
der italienischen Seelente wird das übrige tun. Ein indirektes Verteidi- 
Zungemittel ist ein häufiger Wechsel der Schiffsrouten. Im Mittelmeer 
wird jede Unterseebootgefahr durch einen besonderen funkentelegraphischen 
Dienst sofort signalisiert. Nunmehr wird dafür gesorgt werden, daß die 
Handelsschiffe gruppenweise, von Kriegsschiffen geleitet, fahren, was trotz 
mancher Unzuträglichkeit beträchtliche Vorteile bietet. Das Abwehrsystem 
der italienischen Marine wird von den verhündeten Admiralstäben als vor- 
züglich erachtet und alltäglich ausgebaut. Indessen muß das Volk die 
sparsamste Wirtschaft führen und Disziplin halten, damit der Schiffsverkehr 
minimal gehalten werden könne, da- sonst beim Aufhören des Zerstörungs- 
werkes der U-Boote die Gesamttonnage der Handelsflotten Italiens, der 
Verbündeten und der Neutralen nicht mehr ausreichend wäre, um den ge- 
wohnten Anforderungen zu genügen. 
Unterstaatssekretär Canepa, Generalkommissär für das Verpflegungs- 
wesen, erklärt: Mit der zu gewärtigenden Einfuhr und den heimischen Be- 
ständen an Korn werde Italien bis zur neuen Ernte auskommen, wofern 
das Mehl mit gebührender Sparsamkeit verbraucht werde. Wenn die 
Italiener den Mut haben, Opfer zu bringen, sei der Sieg gewiß, sonst 
die Niederlage. Es komme darauf an, sehr viel Brot mit sehr wenig 
Mehl zu machen. Der Brotverbrauch könne nicht maßlos eingeschränkt 
werden, da bei der Teuerung von Fleisch, Fischen und allen anderen 
Nahrungsmittein der Ersatz des Brotnährwertes fehle. Aber die Verord- 
nungen über die Brotbereitung sehen bereits weniger Kornverwendung 
und mehr Wasserzusatz vor. Bei richtiger Backweise und einlägigem Liegen- 
bleiben sei das Brot auch durchaus verdaulich. Für Teigwaren werden 
Höchstpreise eingeführt. Die Mühlen werden erfjorderlichenfalls requiriert. 
Die Viehzüchter sind bestrebt, den Mangel an Fuitermitteln zu überwinden. 
Durch eine Regelung der Schlachtungen werde der Viehbestand, insoweit 
es noch möglich sei, vor der Erschöpfung bewahrt werden. Jür die Ein- 
fuhr von Zucker fehlen Schiffe, zumal da die Schiffe für den Korntransport 
dringlicher gebraucht würden. Doch werde der Zucker durch Saccharin 
ersetzt. Fett werde nicht ausgehen, da jede Auefuhr des Olivenöls ver- 
boten sei. Die strenge Regelung des Verbrauches mittels des Nartensystems 
soll in allen Provinzen durchgeführt werden. Für Transporte werden die 
Eisenbahnen vereinzelt durch Lastautomobile ersetzt. Die äußerste Prüfung 
stehe bevor. Ueber den Bestand und das Dasein des Vaterlandes und die 
Freiheit der Welt werde jetzt entschieden, also müsse alle Energie zusammen- 
gerafft werden, um bis zum siegreichen Ende auszuhalten. (Großer Beifall.) 
Am 13. März erklärt Ackerbauminister Raineri: Ich kann mitteilen, 
daß seit Juli 1916 bis zum 28. Febr. zwölf Mill. Doppelzentner Getreide 
angekommen sind. Vom 1. bis 12. März ist eine weitere Million an- 
gekommen. Dazu sind drei weitere Millionen hinzuzufügen, die sich augen- 
blicklich unterwegs befinden und mit größter und vernünftigster Wachsam- 
keit begleitet werden. Innerhalb einiger Tage werden wir also 16 Mill. 
Doppelzentner Getreide eingeführt haben, während weitere große Getreide-
	        
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