Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Stalien. (März 23.—27.) 499 
davon 2,5 Milliarden in Bargeld, der Rest in Coupons, Schatzbons und 
ausländischen Wertpapieren. Die Konvertierungen der vorangegangenen 
Kriegsanleihen belaufen sich auf 2,3 Milliarden Lire. (Die I. Anleihe 
(Jan. 15) ergab 1000 Mill., die II. (Juli 15) 1146 Mill., die III. (Jan. 16) 
2281 Mill. Lire.) Außerdem wurden innerhalb zweier Jahre 9472 Mill. Lire 
in Scheinen und Schatzwechseln mit mehrjähriger Laufzeit aufgebracht. 
23. März. (Kammer.) Huldigung für die russische Revolution. 
Abg. Turati (Soz.) feiert unter dem Beifall des ganzen Hauses die 
Revolution als Markstein in der Geschichte der ganzen Welt. Er sei über- 
zeugt, daß Rußland niemals unter das alte Joch zurückkehren werde. Die 
Hoffnung sei jetzt gegeben, daß der erste Schritt auch zur Befreiung der 
deutschen Völker getan sei; denn nachdem die größte der zwei letzten euro- 
päischen Autokratien gefallen sei, könne die andere nicht isoliert bleiben, 
sondern müsse ebenso fallen! 
Ministerpräsident Boselli erklärt unter großem, allseitigem Beifall, 
daß er Turatis Ausführungen völlig unterschreibe. Rußlands Eintritt in 
die Zahl der freien Völker erhöhe die Kraft der Zivilisation, die russische 
Revolution stärke die Kriegskräfte der Entente; denn das ganze russische 
Volk werde nunmehr, getrieben von neuem Lebensgeist, mit einheitlicher 
Seele für den Sieg arbeiten. Italien sende dem russischen Volk Bruder- 
grüße und Umarmung in der Erwartung des morgigen Sieges. 
24. März. (Kammer.) Vertagung. 
Das Haus lehnt einen soz. Antrag, sich bis zum 3. Mai zu vertagen, 
mit 283 gegen 31 Stimmen ab und vertagt sich dem Wunsch der Regierung 
gemäß auf unbestimmte Zeit. 
Ministerpräsident Boselli erklärt, die Regierung kann jetzt noch keinerlei 
Datum angeben und nur sagen, daß die Kammer vor Ende Juni, wie es 
das Budgetrecht gebietet, wieder zusammentreten soll. Die Regierung er- 
blickt einen Vertrauensbeweis darin, daß sich die Kammer ihrer Entschließung 
anpasse. Die Regierung ist sich aller ihr obliegenden Verantwortung im 
Hinblick auf Italiens Waffenglück und Waffenkraft, sowie die Verhältnisse 
des italienischen Kredits und des gesamten Volkslebens bewußt. Das italienische 
Volk, das Beweise so großer Tüchtigkeit, Disziplin, Opferwilligkeit und 
Widerstandskraft gibt, mag in Ruhe leben. Die Regierung wacht über 
alles, was seine Verteidigung betrifft, so daß der Sieg nicht fehlen wird. 
Abg. Turati (Soz.) führt aus, mit dem Vorschlage Bosellis werde 
der Kammer die eigene Demission zugemutet. Man könne sich allerdings 
nicht verhehlen, daß in den nächsten Monaten schwere Ereignisse zu erwarten 
seien, da die zweite Strafexpedition an den Toren Italiens den Verfall 
der zahllosen von der Regierung angenommenen Wechsel androhe. Eben 
darum solle die Regierung die Verantwortlichkeit mit dem Parlament zu 
teilen suchen, denn das Parlament sei die wahre Vertretung des Volkes, 
während dies von dem neu gebildeten, im Schatten der Freimaurerloge 
wirkenden und von gewissen Ministern unterstützten parlamentarischen 
Komitee der Kriegsfreunde, Verschwörer und geheimen Kontrolleure nicht 
gelte. (Es handelt sich um die kürzlich gegründete nationale Aktionspartei, 
die aus ehemaligen Interventionisten besteht.) ç 
Am 28. vertagt sich auch der Senat auf unbestimmte Zeit. 
27. März. Das „Amtsblatt“ veröffentlicht einen Erlaß betr. 
Einsetzung von beratenden Eingeborenenausschüssen in Tripolitanien 
und der Cyrenaica. 
  
32“
	        
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