Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Italien. (November 14.) 529 
werden. Ein Feld der Betätigung war angezeigt durch die Gelegenheit, 
einen augenblicklichen und engeren Zusammenschluß mit den Alliierten zu 
schaffen. Der Eifer, mit dem die franz. und engl. Regierung die Entsendung 
ihrer tapferen Truppen zu uns unternahm, um den gemeinsamen Feind 
zurũckzuwerfen, fand einen tiefgehenden Widerhall in den Gefühlen der 
ganzen ital. Nation. Diese schnelle freiwillig gebrachte Hilfe hat von neuem 
bewiesen, wie vollständig und loyal die Einigkeit Frankreichs und Englands 
mit uns ist. In dem Augenblick, in dem die franz. und engl. Truppen sich 
anschicken, in die Linie vorzurücken, bitte ich die Kammer, ihrer Tüchtigkeit 
und ihrer loyalen Kameradschaftlichkeit Beifall zu spenden. Es ist das erste 
Mal, daß die engl. Armee in wunderbarer Bekundung des nationalen 
Willens und der nationalen Kraft in Italien mit organisierten Einheiten 
kämpft. Früher schon auf der Krim und jetzt an der mazedon. Front 
lernten sich die franz. und ital. Soldaten kennen und schätzen. Hingegen 
fließt nicht zum erstenmal das Blut der franz. Armee auf ital. Erde für die 
Verteidigung der Freiheit, der Freiheit, die bei Magenta und Solferino 
errungen wurde, der zukünftigen gemeinsamen Freiheit aller Völker. Die 
Regierung hält es um so mehr für ihre Pflicht, diese Beweise vornehmer 
Solidarität anzuerkennen und festzustellen, als es zu den zahlreichen Mitteln 
des Feindes gehört, erfundene Behauptungen auszuschreien, als ob unsere 
Verbündeten uns in ungerechter Weise vernachlässigt hätten oder uns 
drückende Bedingungen auferlegten. Es tut not, den Ursprung dieser falschen 
Behauptungen einmal bloßzulegen, damit diejenigen, die sie verbreiten, ein- 
sehen, daß sie dem Feinde beim Auslegen seiner Fallen mehr oder weniger 
freiwillige Beihilfe bieten. Wohl muß ja zugegeben werden, daß die feste 
und herzliche Solidarität der Alliierten, dieses belebende und wirksame 
Element einer praktischen und rasch funktionierenden Organisation, allein 
vorhanden war. Auf der jüngsten Konferenz in Rapallo (s. S. 527) ist aber 
weiteres geschaffen worden. Es wurde dort beschlossen, einen obersten 
politischen gemeinsamen Rat der Alliierten ins Leben zu rufen, dessen 
wesentliche Aufgabe darin besteht, die militärischen Aktionen auf den ver- 
schiedenen Kriegsschauplätzen der Westfront einheitlich zu gestalten. Ferner 
wurde ein ständiger militärischer Ausschuß mit beratendem Charakter ge- 
schaffen; dank der technischen Erfahrungen der hervorragenden Generale, 
die den Ausschuß bilden, wird dieser dem obersten Rat zur Seite stehen 
können. Diese Räte werden auch Vertreter der Ver. Staaten, die in dem 
Krieg an der Westfront beteiligt werden, zu Mitgliedern wählen. Auch 
während unserer letzten schweren Prüfung hat die große amerikanische 
Republik ihre starke Hilfsbereitschaft in feierlicher Art bewiesen. Ihr ent- 
biete ich hierfür den innigen Dank des Landes. Die Regierung hat über- 
dies erkannt, daß ihre wesentliche Pflicht auch darin besteht, mit der Armee 
und der Obersten Heeresleitung ständig Fühlung zu haben. Sie behält 
sich vor, baldigen Gebrauch von den Mitteln zu machen, die eine Regelung 
und Organisierung dieser Beziehungen ermöglichen. Die Regierung ist sich 
bewußt, daß die Armee ein Volk in Wassen ist und daß sie seinen einzigen 
direkten Vertreter darstellt. Z 
Der frühere Ministerpräsident Boselli legt hierauf folgende Tages- 
ordnung vor: „Die Kammer betont aufs neue die Notwendigkeit der voll- 
kommensten Eintracht und die Vereinigung aller Kräfte, um der feindlichen 
Invasion entgegenzuwirken durch die Tapferkeit der Armee und durch das 
Vertrauen der Entente.“ —— · 
Darauf führt der frühere Ministerpräsident Giolitti folgendes aus: Die 
Stunde gehört nicht den Reden. Man muß der Wirklichkeit mit Ruhe und 
Mut ins Gesicht sehen und mit dem Höchstmaß von Kraft und Schnelligkeit 
Europäischer Geschichtskalender. LVIII . 34
	        
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