Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

564 S##weiz. (Oktober 4.) 
Man habe auf diese Hand nicht geschlagen, man habe auf sie gespuckt. — 
Schließlich wird die Resolution mit allen gegen die Stimmen der Schweizer 
angenommen. 
Am 4. faßt die Konferenz den Beschluß an die Regierungen der krieg- 
führenden Völker das Ersuchen zu richten, der Arbeiterklasse im Friedens- 
vertrage ein Mindestmaß von Schutz und Rechten zu sichern, das in allen 
Ländern durchgeführt werden muß. Danach sollten in dem Friedensvertrag 
Bestimmungen zur Sicherung der Freizügigkeit, des Koalitionsrechtes und 
zur Durchführung des Arbeiterschutzes ausgenommen werden. Die Konferenz 
hält den Friedensvertrag, der den Weltkrieg einmal beenden wird, für den 
geeignetsten Ausgangspunkt für ein tatkräftiges Zusammenwirken der Völker 
auf dem Gebiete der sozialen Reform. Sie stellt in dieser Frage eine Reihe 
von Leitsätzen auf. Die internationale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiter- 
schutz in Basel ist im Friedensvertrag ausdrücklich als Organ zur Durch- 
führung und Förderung des internationalen Arbeiterschutzes anzuerkennen, 
das von ihr unterhaltene internationale Arbeiteramt hat alles sozialpolitische 
Material zu sammeln und in drei Hauptsprachen herauszugeben. Diese 
Leitsätze werden einstimmig angenommen. 
Ferner wird folgende Resolution angenommen: Die Konferenzerwartet von 
den Regierungen aller an den Friedensverhandlungen teilnehmenden Länder, 
daß zur Festsetzung des sozialpolitischen Teiles der Friedensvereinbarungen 
auch Vertreter der Gewerkschaften jedes Landes zugezogen werden. 
Legien (Berlin) gibt hierauf folgende Erklärung ab: Die Vertreter 
der Gewerkschaften Deutschlands erklären, daß ihre Weigerung, einer Sisz- 
verlegung zuzustimmen, nicht so aufgefaßt werden dürfe, daß sie unter allen 
Umständen den Sitz des internationalen Gewerkschaftsbundes in Deutsch- 
land behalten wollten. Sie sind zu ihrer Stellung genötigt, weil insbesondere 
von den englischen Gewerkschaften gesagt worden ist, daß die Sitzverlegung 
gleichbedeutend mit einem Mißtrauensvotum gegen Deutschland sei. Der 
internationale Gewerkschaftsbund kann nur erhalten werden, wenn volles 
Vertrauen aller Landeszentralen zueinander vorhanden ist. Sobald sämtliche 
Landeszentralen bereit sind, zu einer Konferenz zusammenzutreten, sind die 
Gewerkschaften Deutschlands bereit, über eine Sitzverlegung des inter- 
nationalen Gewerkschaftsbundes ordnungsgemäß zu verhandeln. 
Die Konferenz beschließt endlich einstimmig ein Begrüßungstelegramm 
an die italienischen und französischen Gewerkschaften abzusenden, worin sie 
der Hoffnung Ausdruck gibt, daß Vertreter der franz. und italien. Landes- 
entrale an der nächstfolgenden internationalen Konferenz teilnehmen werden, 
amit der Antrag auf Reorganisation des internationalen Gewerkschafts- 
bundes dann zur Behandlung und Erledigung komme und der internationale 
Gewerkschaftsbund machtvoller als je im Interesse der Arbeiter aller Länder 
seine Arbeit fortführen kann. 
4. Okt. (Bundesversammlung.) Schluß der Herbsttagung. 
Der Nationalrat lehnt einen Antrag des Genfer Sozialisten Sigg, 
der die Einsetzung einer ständig. parlament. Kommission für auswärtige 
Angelegenheiten verlangt, mit 62 gegen 37 Stimmen ab. Bundesrat Ador 
bemerkt dazu, der Bundesrat wünsche mit dem Parlament in Fragen der 
auswärtigen Politik in engem Kontakt zu bleiben, aber eine besondere 
Auslandspolitik habe die Schweiz gar nicht. Der Antrag sei deshalb über- 
flüssig. Ein Antrag Büeler, der eine Vermehrung der Zahl der diplo- 
matischen und wirtschaftlichen Vertretungen der Schweiz im Ausland und 
eine Erhöhung der Kredite für die Gesandtschaften und ihr Personal ver- 
langt, wird einstimmig angenommen. Schließlich nimmt der Nationalrat
	        
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