Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

632 Schweden. (Dezember 30.) — Nernegzen. (Januar 12.) 
wendet haben, das infolge der gemeinsamen Geschichte von Jahrhunderten 
auch später immer mit Interesse das Schicksal Finnlands verfolgt hat. Ich 
versichere Sie, daß ich und meine Regierung dem Bestreben Finnlands, 
die vollständige Unabhängigkeit zu erreichen mit warmer Sympathie folgen 
und den lebhaften Wunsch hegen, Finnland als unabhängigen Staat an- 
erkennen zu können. Eine wichtige Sache in dieser ganzen Frage ist jedoch 
die Möglichkeit eines Einverständnisses zwischen Ihrem Lande und Ruß- 
land, doch habe ich Grund, auf einen glücklichen Ausgang Ihrer Bestre- 
bungen zu hoffen. Selbstverständlich muß auch die Haltung der anderen 
Mächte berücksichtigt werden. Sie können immer von meinen warmen 
Wünschen für Sie und das künftige Wohl Ihres Landes überzeugt sein. 
30. Dez. Der Ministerpräsident über die Alandfrage. 
Ministerpräsident Eden hält in Stockholm eine Rede über die gegen- 
wärtige Lage, wobei er über die Alandfrage bemerkt, daß es die all- 
gemeine Meinung gewesen sei, die Regelung dieser Frage bei den all- 
emeinen Friedensverhandlungen herbeizuführen. Da indessen jetzt die 
Friedensverhandlungen nur zwischen den Mittelmächten und Rußland er- 
öffnet, also wenigstens bisher nicht allgemein seien, habe die schwed. Re- 
gierung sofort gefunden, daß die Frage in anderer Form aufgenommen 
werden müsse, damit sie nicht völlig übergangen werde, falls Rußland aus 
dem Kriege ausscheide. Maßnahmen zu diesem Zwecke seien auch bereits 
von der Regierung getroffen worden. Es könne so viel gesagt werden, daß 
Schweden von der völkerrechtlichen Tatsache, die durch den Traktat von 
1856 geschaffen wurde, ausgehe und bestrebt sei, auf dieser Grundlage zu 
einer besseren und wenn möglich gesicherteren Lösung zu gelangen als sie 
durch den genannten Traktat erzielt worden sei. 
—. —— — — 
XV. 
Norwegen. 
12. Jan. (Storthing.) Eröffnung der Tagung. Staatsbudget. 
In der Thronrede weist der König auf die wachsenden Schwierig- 
keiten der Neutralen infolge des Krieges hin. Trotz des Strebens Norwegens 
nach strenger allseitiger Neutralität seien Meinungsverschiedenheiten mit 
den Kriegführenden infolge abweichender Interessen nicht zu vermeiden 
gewesen. Die Regierung habe sich bei Behandlung dieser Angelegenheiten 
des Rates der Storthingpräsidenten und der Parteiführer bedient, dalte 
das aber nicht für genügend, so daß die Einsetzung eines Storthing-Aus- 
schusses erwogen werden solle, den die Regierung in wichtigen Fragen zu- 
ziehen könnte. Die Thronrede erwähnt weiter die Begegnungen zwischen 
den Ministern der Auswärtigen Angelegenheiten der skandinavischen Länder 
und die Noten zur Unterstützung von Wilsons Schritte und geht dann auf 
die Staatsfinanzen ein. 
(Der in der Thronrede angeregte parlamentarische Ausschuß 
soll aus 15 Mitgliedern und zwar aus sechs. Anhängern der Regierunge- 
partei, je drei der rechten und der sozialdemokratischen Opposition besteden 
und in Permanenz, also auch während der Storthingvertagung tagen. Die 
Regierung wird ihm alle außerpolitischen Maßnahmen vorlegen, wobei er 
 
	        
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