Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

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beiden Staaten der Monarchie und Deutschlands über die Lebensmittel- 
versorgung statt. Die Besprechungen führten zu einer vollen Einigung 
über die Beratungsgegenstände und lieferten eine sichere Gewähr, daß der 
Bedarf der Monarchie und Deutschlands bis zur nächsten Ernte durch 
die vorhandenen Vorräte vollauf gedeckt wird. 
12. April. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus wird durch kol. 
Reskript auf unbestimmte Zeit vertagt. 
Während der Verlesung des Reskriptes kommt es zu großen Tumult- 
szenen. Die Karolyi-Partei und klerikale Volkspartei wollen die von der 
Regierung beabsichtigte Bertagung um jeden Preis verhindern, teils um 
den Widerhall der jüngsten demokratischen Kundgebungen in Rußland und 
Preußen für die Forderung einer ung. radikalen Wahlreform auszunugnen, 
teils um im Zusammenhang mit dem Abgang des Kriegsministers v. Kro- 
batin Kriegslieferungsangelegenheiten zur Sprache zu bringen. 
13. April. (Ungarn.) In einer Konferenz der Nat. Arbeits- 
partei nimmt Graf Tisza Stellung zur innerpolitischen Lage: 
Er betont, daß der Opposition reichlich Gelegenheit geboten wurde, 
in einer fast drei Monate währenden Debatte alle politischen Fragen zu 
besprechen. In dieser Debatte spielten vor allem die Ernährungsfragen 
eine große Rolle und hierbei wurde der Vorwurf erhoben, als ob Ungarn 
auf diesem Gebiete Oesterreich und seinen Verbündeten gegenüber nicht 
seine Pflicht erfüllt hätte. Graf T. erklärt: Wenn es eine Sache gibt, 
worauf wir erhobenen Hauptes verweisen können, so ist es die Tatsache, 
daß wir gegenüber unserer eigenen Vevölkerung mit der gößen Strenge 
und auf Kosten eigener Entbehrungen vorgegangen sind und vorgehen, um 
trotz der durch die schlechte Ernte hervorgerufenen Verhältnisse alles, was 
nur menschenmöglich, Oesterreich und den verbündeten Staaten hinzugeben. 
Die Opposition hat mit den heiligsten Interessen des Landes ein unwür- 
diges Spiel getrieben, indem sie den Anschein erwecken wollte, als wäre 
in Ungarn das Parlament nicht integer und korrekt. Das gründliche Ver- 
fahren, das in allen Inkompatibilitätsangelegenheiten durchgeführt wurde, 
hat das Gegenteil bewiesen. Graf T. kommt daun auf die Frage des 
Konzentrationskabinetts zu sprechen und führt aus, man möge es 
ihm erlassen, von den unwürdigen Gerüchten und Ausstrenungen zu sprechen, 
die sich auf wohlinformierte Quellen, auf Meldungen über Audienzen usw. 
beriefen. Er glaube, daß die Aktion in der Geschichte parlamentarischer 
Führer einzig dastehe und daß es wohl noch nie vorgekommen sei, daß 
Männer, die verantwortliche Ratgeber ihres Königs sein möchten, auf 
solche Weise die Tatsache ausnützen, daß sie in die Nähe ihres Königs ge- 
langen konnten. Es gibt zweifellos Momente, wo in Augenblicken der 
Gefahr alle Parteien sich zur Rettung der Nation vereinigen müssen. Eine 
Vorbedingung aber ist, daß im gegebenen Zeitpunkte trotz der bestehenden 
Parteiunterschiede nur der Gedanke vorherrscht, daß sich alle Patrioten zur 
Rettung des gefährdeten Vaterlandes vereinigen müssen. War aber diese 
Vorbedingung vorhanden? Konnte der ernste Wille einer Konzentration 
aller Elemente in jenen leben, die mit den heftigsten und vermessensten 
Angriffen die Stellung der Regierung und der bestehenden Majorität zu 
untergraben suchten? Nach den Erfahrungen der letzten Monate, besonders 
des gestrigen Tages, ist es schwer, in der Forderung der Opposition nach 
einer Konzentration etwas anderes zu sehen als ein Schlagwort, mit 
welchem sie nicht die Konzentration, sondern die Desorganisation erreichen 
will. Hätte man ernstlich in einer für die Regierung und die Majorität
	        
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