756 Rußland. (November 8.)
„Rat der Volkskommissare“ eingesetzt, die das Land bis zur Ein-
berufung der Verfassunggebenden Versammlung leiten wird. Mit der
Verwaltung der verschiedenen Zweige des staatlichen Lebens werden Kom-
missionen betraut, deren Zusammensetzung die Berwirklichung des vom
Kongreß angenommenen Programmes in enger Verbindung mit den großen
Organisationen der Arbeiter, Arbeiterinnen, Matrosen, Soldaten, Bauern
und Angestellten der verschiedenen Dienstzweige sichern soll. Die Regierungs-
gewalt steht dem Rate der Volkskommissare zu, der aus den Vorständen
der genannten Kommissionen zusammengesetzt ist. Die Ueberwachung der
Tätigkeit der Volkskommissare und das Recht ihrer Absetzung stehen dem
allrussischen Kongreß der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte und seinem
Hauptvollzugsausschuß zu.
Der Rat der Volkskommissare ist gegenwärtig folgendermaßen zu-
sammengesetzt: Vorsitz: Wladimir Uljanow (Lenin), Inneres: A. J. Rykow,
Landwirtschaft: W. P. Miljutin, Arbeiterfrage: A. G. Schljapnikow, für
militärische Angelegenheiten und Marine: ein Ausschuß, bestehend aus
W. A. Awseenko (Antonow), N. V. Krylenko und F. M. Dybenko, öffentlicher
Unterricht: A. W. Lunatscharski, Industrie und Handel: U. P. Nogin,
Finanzen: I. J. Skworzow (Stepanow), Auswärtiges: L. D. Bronstein
(Trotzki), Justiz: G. J. Oppokow (Lomow), Verpflegung: J. A. Theodoro-
witsch, Post und Telegraph: N. P. Awillow (Glebow), Nationalitätenangelegen-
heiten: J. V. Diugaschwili (Stalin). Der Posten des Volkskommissars für
Eisenbahnen bleibt zeitweilig unbesetzt.
Sämtliche Mitglieder des Rates sind der maximalistischen Partei ent-
nommen. Die neue Regierung hat zunächst mit einer starken Opposition
zu kämpfen. In Petersburg bildet sich ein „Komitee zur Rettung des Vater-
landes und der Revolution“, dem Vertreter der Stadtverwaltung und der
den Maximalisten abgeneigten gemäßigten sozialistischen Parteien angehören.
Auf Anregung des sehr einflußreichen russischen Eisenbahnerverbandes finden
zwischen den verschiedenen sozialistschen Parteien Verhandlungen statt, um
die Bildung eines einheitlichen demokratischen Ministeriums von den Maxi-
malisten bis zu den Nationalsozialisten einschließlich zu ermöglichen. In
gleichem Sinne wird auch von dem Allgemeinen Armeekomitee im Haupt-
quartier an der Lösung der Krise gearbeitet. Die Maximalisten, deren
Stellung nach der Niederlage Kerenskis wesentlich gestärkt ist, lehnen jedoch
jeden Verzicht auf ihre prinzipiellen Forderungen ab.
8. Nov. Abschaffung d. Eigentumsrechtes d. Großgrundbesitzer.
Ein Beschluß des zweiten allrussischen Kongresses der A.- u. S.-Räte
erklärt die sofortige entschädigungslose Aufhebung des Eigentumsrechtes der
Großgrundbesitzer an Grund und Boden. Die großen Privatbesitzungen
ebensowohl wie die Güter der Krone, der Klöster und der Kirche mit allen
ihren Mobilien und Immobilien, den Meiereien und allem Zubehör werden
fortan bis zur Einberufung der Verf. Versammlung zur Verfügung der
landwirtschaftlichen Bezirkskomitees und der Distriktsbauernräte E Die
Güter der kleinen Bauern und der Kosaken werden nicht beschlagnahmt.
8. Nov. Staatsinseratenmonopol.
Durch Erlaß des Rates der Volkskommissare wird bestimmt: Der
Druck von Anzeigen gegen Entgelt in periodisch erscheinenden Presse-
veröffentlichungen, Sammelschriften und Plakaten, sowie die Ausgabe und
Annahme von Anzeigen durch Kioske, Büros und ähnliche Unternehmungen
bilden ein Staatsmonopol.
8. Nov. Aufrufe der Maximalisten an die Internationale.