Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

774 Rußland. (Dezember 5.—7.) 
geworden, die auf einem der wichtigsten Ziele des gegenwärtigen Welt- 
krieges besteht: auf dem Grundsatz, daß kein einziges Volk gezwungen 
werden darf, gegen seinen eigenen Willen von einem anderen abbängig zu 
sein. Das Volk Finnlands hegt die Hoffnung, daß das freie russische Volk 
und seine Verf. Nationalversammlung dem Streben Finnlonds, einen Platz 
unter den freien und unabbängigen Nationen einzunehmen, nicht in den 
Weg treten werden. Und das Volk Finnlands wagt mit Zuversicht von 
den übrigen Mächten die Anerkennung zu erwarten, daß dieses Volk als 
unabhängig und frei am besten an denjenigen Aufgaben zu arbeilen 
imstande sein wird, deren Erfüllung es berechtigen wird, einen Plotz unter 
den Kulturvölkern einzunehmen. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe dieser 
Erklärung wendet sich die Regierung sowohl an die einzelnen Bürger als 
an die Behörden mit der ernsten Aufforderung, daß jeder nach Maßgabe 
seiner Kräfte mit unerschütterlichem Festhalten an der gesetzlichen Ordnung 
und unter Ersfüllung seiner patriotischen Pflicht zur Erreichung dessen bei- 
tragen möge, was das Endziel unseres Volkes ist in dieser Zeit, die ent- 
scheidender ist als alles, waos daos Volk Finnlands bis jetzt erlebt hat. 
Hierauf schlagen die bürgerlichen Parteien vor, der Landtag möge den 
Grundsatz, daß Finnland eine selbständige Republik werde, onerkennen und 
die Schritte der Regierung um Anerkennung bei den Mächten gutheißen. 
Die Soz. schlagen ebenfalls vor, der Landtag solle Finnland als selbhändige 
Republik anerkennen, die Verwirklichung der Selbständigkeit solle aber durch 
eine finnländ.-russische Kommission vereinbart werden. Mit 100 gegen 88 
Stimmen der Soz. nimmt der Landtag schließlich den Vorschlag der bürger- 
lichen Parteien an. (S. auch S. 775.) 
5. Dez. Abschluß einer zehntägigen Waffenruhe in Brest-Litowsk. 
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums. 
6. Dez. Das Volkskommissariat setzt für alle Staatsbeamten 
das gleiche Monatsgehalt in Höhe von 500 Rubel fest. 
Verheiratete erhalten eine monatliche Zulage von 100 Rubel. 
6. Dez. (Südostrußland.) Bundesgründung. 
Di. „Rußk. Wied.“ meldet: Die Konferenzen der Vertreter der kosakischen 
Truppen und der Bergvölker des Kaukasus sind beendet. Auf der Konferenz 
wurde der Bundesvertragsabschluß unterzeichnet als: „Südöstlicher Bund 
der Kosakentruppen, der Bergbewohner des Kankafus und der freien Steppen- 
völker". Der Bund stellt als sein Ziel die Erreichung der möglichst schnellen 
Errichtung der Russischen Demokratischen Bundesrepublik auf, mit der Ueber- 
lassung der Rechte von abgesonderten Staaten an die Mitglieder des Bundes. 
An der Spitze des Bundes steht eine vereinigte Regierung, gebildet aus 
zwei erwählten Vertreiern jedes einzelnen Staates. Der Bund hat seine 
Vertreter bei der russischen Zentralregierung. Die Stadt Jekaterinodar ist 
Sitz der Bundesregierung. Zum Bestande des Bundes gehören: die Don--, 
Kuban-, Terek- und Astrochan-Kosakentruppen, die Bergvölkerschaften vom 
Terek-, Kuban= und Suchomsekbezirk und die Steppenvölker des Bezirks 
von Terek und Stawropol. 
7. Dez. Erneute Aufforderung Trotzkis an die Alliierten. 
Wie die „Petersb. Tel.-Ag.“ meldet, ist folgende amtliche Mitteilung 
Trotzkis an die Gesandten Englands, Frankreichs, Amerikas, Italiens, 
Chinas, Japans, Rumäniens, Belgiens und Serbiens veröffentlicht worden: 
Die Friedensverhandlungen zwischen den Abgeordneten Rußlands und den 
Abgeordneten Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, der Türkei und Bulgariens
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.