Bie öterreichisch-ungerische Menarchir. (Mai 12.—16.) 75
gelangen. Nach diesem Termin kann die Rückzahlung zum Nominalkurse
bei Inanspruchnahme einer dreimonatigen Kündigung erfolgen.
12. Mai. Kundgebung der Verfassungsparteides Herrenhauses.
In einer Parteiversammlung spricht sie ihre Befriedigung über die
Wiederaufnahme der parlamentarischen Tätigkeit aus und betont, daß als
ihr oberster Grundsatz noch immer die Erhaltung und Befestigung der
Staatseinheit gelte. Sollte Galizien eine größere Autonomie zugestanden
werden, so könne dies nur unter Wahrung eines einheitlichen Staats-
verbandes geschehen. In dem glücklichen Bewußtsein, daß vermöge einer
Jahrhunderte langen Entwicklung die Interessen des Staates und die
Interessen der Deutschen in Oesterreich zusammenfallen, sowie in An-
erkennung der Leistungen des deutschen Volkes in Oesterreich während des
Krieges, wird von allen Mitgliedern mit völliger und warmer Einmütigkeit
die Wahrung der Stellung der Deutschen in Oesterreich als eine Hauptaufgabe
der Partei bezeichnet und daraus die Verpflichtung gefolgert, dem begrün-
deten Bestreben der Deutschen in Böhmen nach Anerkennung ihres Sprach-
gebiets und nach einer es berücksichtigenden Regelung des Sprachgebrauchs
bei den staatlichen Behörden sowie nach nationaler Abgrenzung der Be-
zirke und einer darauf gegründeten Kreisordnung Geltung zu verschaffen.
13. Mai. (Wien.) Besprechung des deutschen Reichskanzlers
mit Graf Czernin.
Im Mittelpunkt der Erörterungen stehen Form und Inhalt der Er-
klärungen, die der Kanzler am 15. Mai (s. Tl. 1 S. 565 ff.) im Reichs-
tag in Beantwortung der an ihn gerichteten Interpellationen abgibt. Wie
halbamtlich mitgeteilt wird, wird darüber vollkommenes Einvernehmen
erzielt. Ferner wird die Erklärung des poln. Staatsrats v. 1. Mai erörtert
(j. Polen, 15. Mai).
13. Mai. (Böhmen.) Tagung der Vertrauensmänner der
Deutschen Fortschrittspartei Böhmens in Prag.
In einer Entschließung wird das Bedauern darüber ausgesprochen,
daß durch die voraussetzungslose Einberufung des Reichstags eine neuer-
liche Verzögerung der für den Staat unerläßlichen innern Reform ein-
getreten sei, und erklärt, daß den deutschen Abg. nunmehr die Pflicht ob-
liege, die innerstaatliche Neuordnung auf parlamentarischem Boden in
kürzester Frist durchzusetzen. Das Verbleiben der deutschen Minister im
Kabinett wird gebilligt und diese des Vertrauens der Partei versichert.
15. Mai. Kaiser Karl besucht am Jahrestag der Offensive
gegen Italien die Truppen in Südtirol.
Am 17. weilt der Kaiser bei der Isonzoarmee.
16. Mai. Zu der Rede des Reichskanzlers vom 15. Mai (s. Tl. 1
S. 565 ff.) schreibt das „Fremdenblatt“ halbamtlich u. a.:
Der Reichskanzler hat über die Kriegsziele Deutschlands
gegenüber Rußland eine weittragende Erklärung abgegeben, welche
auf der ganzen Welt einen Widerhall finden wird. Mit einem klaren, ein-
fachen, ehrlichen und offenen Satz zerreißt er alles Lügengewebe und erklärt,
Deutschlands östliche Grenze und dessen freundnachbarliches Verhältnis zu
Rußland im friedlichen Einvernehmen mit der Regierung dieses Staates
regeln zu wollen. So liegen nun in dieser hochwichtigen Frage fast identische
Erklärungen von österr.-ung. und deutscher Seite vor. Ganz Rußland und
mehr noch, die ganze Welt, wissen heute, daß Deutschland keine Erobe-