Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Serbien. (Juli 20.) 841 
schlag gegen den Kronprinzen auszuführen, der jedoch mißlang. Das Militär- 
gericht hat den Oberst Dimitriewitsch, den Kommandanten Wulowitsch, sowie 
Malobabitsch und vier andere Obersten zum Tode, General Popowitsch 
und drei andere Offiziere zur Zwangsarbeit verurteilt. Auf Vorschlag der 
Regierung wurden vier der zum Tode Verurteilten vom Kronprinzen zu 
zwanzigjähriger Zwangsarbeit begnadigt. Drei (Dimitriewitsch, Wulowitsch 
und Malobabitsch) wurden hingerichtet. 
20. Juli. (Korfu.) Abkommen mit den Südslawen. 
Zwischen der serb. Regierung und Vertretern der südslawischen Pro- 
vinzen Oesterreich-Ungarns wird als Ergebnis sechswöchentlicher Beratungen 
folgendes Abkommen unterzeichnet: In Anerkennung, daß der Wunsch unseres 
Volkes ist, sich von jedem fremden Joch zu befreien und sich als ein un- 
abhängiger Nationalstaat auszurichten, kommen die bevollmächtigten Ver- 
treter der Serben, Kroaten und Slowenen hiermit überein, zu erklären, 
daß dieser Staat auf folgenden Grundsätzen aufgebant werden muß: 1. Der 
Staat der Serben, Kroaten und Slowenen, die auch als Südslwaen oder 
Bugoslawen bekannt sind, wird ein freies und unabhängiges König- 
reich sein mit unteilbarem Gebiet und einheitlichem Untertanenverband. 
Er wird eine konstitutionelle, demokratische und parlamentarische Monarchie 
sein, unter der Dynastie Karageorgewitsch, die immer die Empfindungen 
der Nation geteilt und den nationalen Willen über alles andere gestellt 
hat. 2. Dieser Staat wird den Namen führen „Das Königreich der Serben, 
Kroaten und Slowenen“ und der Titel des Souveräns wird sein „König 
der Serben, Kroaten und Slowenen“. Der Staat wird nur ein Wappen- 
schild, nur eine Fahne und nur eine Krone haben; diese Abzeichen werden 
aus den gegenwärtig bestehenden Abzeichen zusammengesetzt. 3. Die besonderen 
serbischen, kroatischen und slowenischen Fahnen und Wappen dürfen frei 
gehißt und gebraucht werden. 4. Die drei nationalen Benennungen werden 
vor dem Gesetz gleich sein und dürfen im öffentlichen Leben frei ge- 
braucht werden. 5. Die beiden Alphabete, das cyrillische und das la- 
teinische, werden ebenfalls im ganzen Königreich gleichberechtigt neben- 
einander stehen. 6. Die Ausübung aller anerkannten Religionen soll frei 
und öffentlich sein, und insbesondere sollen sich die orthodoxe, die römisch- 
katholische und die muselmännische Konfession, zu denen sich unser Volk 
hauptsächlich bekennt, gleichstehen und die gleichen Rechte gegenüber dem 
Staat haben. 7. Der Kalender soll so bald als möglich vereinheitlicht 
werden. 8. Das Gebiet des Königreichs wird alle zusammenhängend von 
unserm Volke bewohnten Gebiete in sich schließen, und es kann nicht ohne 
Verletzung der Lebensinteressen der Gemeinschaft verstümmelt werden. 
Unsere Nation verlangt nichts, was anderen gehört, sondern nur, was ihr 
eigen ist. Sie ersehnt Freiheit und Einheit. Sie lehnt deshalb bewußt und 
fest alle nur teilweisen Lösungen des Problems ihrer Befreiung von der 
öfterreichisch-ungarischen Herrschaft und ihrer Vereinigung mit Serbien und 
Montenegro zu einem einheitlichen unteilbaren Staat ab. 9. Im Interesse 
der Freiheit und der Gleichberechtigung der Nationen soll das adriatische 
Meer frei und für alle offen sein. 10. Alle Bürger sollen sich gleichstehen 
und die gleichen Rechte gegenüber dem Staat und vor dem Gesetz genießen. 
11. Die Vertreter zum National-Parlament sollen durch allgemeines Stimm- 
recht erwählt werden, mit gleicher, direkter und geheimer Wahl. 12. Die 
Verfassung, die nach Friedensschluß von einer nach allgemeinem Stimm- 
recht erwählten gesetzgebenden Versammlung begründet werden soll, wird 
die Grundlage des Lebens des Staates bilden. Sie wird die Möglichkeit 
schaffep, örtliche Autonomien einzurichten. Sie wird in Kraft treten, nach-
	        
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