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formel entspricht. Das große Nachbarvolk im Osten, mit dem uns
einstens eine alte Freundschaft verband, scheint sich in allmählicher Be-
sinnung auf seine wahren Ziele und Aufgaben neuestens dieser Anschauung
zu nähern und aus dunklem Drange heraus eine Orientierung zu suchen,
die die Güter der Zukunft rettet, bevor sie eine sinnlose Kriegspolitik ver-
schlungen hat. Wir hoffen im Interesse der Menschheit, daß dieser Prozeß
innerer Neugestaltung sich bis zu einer kraftvollen Willensbildung nach
außen durchringen und daß eine solche Klärung des öffentlichen Geistes
auch auf die anderen feindlichen Länder übergreifen wird. Wie unsere
Mächtegruppe mit unwiderstehlicher Wucht für Ehre und Bestand kämpft,
ist und bleibt sie jedem gegenüber, der die Absicht, sie zu bedrohen, ehrlich
aufgibt, gerne bereit, den Streit zu begraben, und wer darüber hinaus
wieder bessere, menschlichere Beziehungen anknüpfen will, der wird auf
dieser Seite gewiß ein bereitwilliges vom Geiste der Versöhnlichkeit
getragenes Entgegenkommen finden. Einstweilen aber wird unser Kampf-
wille nicht erlahmen, unser Schwert nicht stumpf werden. In treuer Ge-
meinschaft mit dem altverbündeten Deutschen Reiche und den Bundes-
genossen, die unsere gerechte Sache im Laufe des Krieges gewonnen, bleiben
wir bereit, ein gutes Kriegsende, das wir gerne dem Durchbruche der
Vernunft danken möchten, nötigenfalls mit der Waffe zu erzwingen.
Ich beklage die wachsenden Opfer, welche die lange Dauer des
Krieges der Bevölkerung auferlegt. Ich beklage das Blut Meiner tapferen
Soldaten, die Entbehrungen der braven Bürger, all die Mühsal und Be-
drängnis, die um des geliebten Vaterlandes willen so heldenmütig getragen
wird. Die Bemühungen Meiner von einer vollbewährten Beamtenschaft
unterstützten Regierung sind unablässig darauf gerichtet, die Lebenshaltung
der Bevölkerung, deren Staatstreue, Gemeinsinn und Tüchtigkeit Meine
dankbare Anerkennung findet, zu erleichtern und durch zweckmäßige Or-
ganisation das Auslangen mit den Vorräten zu sichern. Gerade jetzt, ehe
die treue Scholle uns als Dank für die fleißige Arbeit der Daheimgeblie-
benen die Gabe dieses Jahres bringt, ist die schwerste Zeit. Lassen Sie es,
Meine Herren, an Ihrer von Einsicht und Erfahrung getragenen Mitarbeit
nicht fehlen, um die Schwierigkeiten, die uns bis dahin noch bevorstehen,
erfolgreich zu überwinden.
Das Gebot des Augenblicks heischt die volle Anspannung aller Kräfte
im Staate. Aber daneben dürfen wir nicht versäumen, uns für die großen
Aufgaben vorzubereiten, die der Schoß der Zukunft birgt und von deren
glücklicher Lösung das fernere Gedeihen des Staatswesens abhängt. Oester-
reich hat die ungeheuren finanziellen Anforderungen dieses Krieges
aus eigenem zu erfüllen vermocht, und der Erfolg der sechsten Kriegs-
anleihe ist der beste Beweis, daß eine Berechnung der Feinde, die etwa
von einem Niedergange unserer inneren Hilfsmittel eine Veränderung der
Kriegslage erwarten wollte, zum Fehlschlagen verurteilt ist. Aber wir
mußten tief in die Ersparnisse der Volkswirtschaft hineingreifen und die
Zukunft mit schweren Verpflichtungen belasten. Die Führung des Staats-
haushaltes soll wieder auf die normale gesetzliche Grundlage gestellt
werden. In allererster Reihe steht jedoch das Gebot, die Staatswirtschaft,
welche durch die Kriegslasten eine ernste Störung erlitten hat, wieder in
geordnete Bahnen zu lenken. Zu diesem Zwecke müssen dem Staate aus-
reichende Einnahmen erschlossen werden, wobei das Betreten neuer, von
den bisherigen abweichender Wege der Finanzpolitik unvermeidlich sein
wird. Eine weise und strenge Oekonomie im Staatshaushalte, insbesondere
die Unterlassung jedes nicht durch sachliche Zwecke unbedingt erheischten
Verwaltungsaufoümdes muß die Wiederherstellung des finanziellen Gleich-