Asien. (Juli 1. - 12.) 945
Zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses wird der Führer der
Seijukaipartei Oaka zum Vizepräsidenten das Mitglied der Kokumintopartei
Hamada gewählt. Am 30. lehnt das Haus eine Entschließung, die Miß-
trauen zur Regierung ausdrückt, mit einer Mehrheit von 110 Stimmen ab.
Laut „Djen“ organisierten die Terautschi nahestehenden bisherigen Un-
abhängigen, die im jetzigen Parlament 63 Mitglieder zählen, eine neue,
sogenannte Erneuerungspartei „Isinhai“.
Nach dem „Regierungsanzeiger" bewilligte das Parlament 28 Mill. YDen
für die diesjährigen Kriegsausgaben. Unter den vorliegenden Gesetzes-
vorschlägen befindet sich einer über die Emission von 200 Mill. Yen, die
bestimmt sind, die Abrechnung mit den Ententemächten für ihre Bestellungen
in Japan zu erleichtern.
1.—12. Juli. (China.) Vorübergehende Wiederherstellung der
Monarchie.
Der Führer der Militärpartei Generol Tschanghsun begibt sich um
drei Uhr früh zum Präsidenten Lijuanhung und verlangt seinen Rücktritt.
Gleichzeitig teilt er mit, daß der Mandschukaiser Hsuantung (geb. 7. Febr.
1906, bereits vom 14. Nov. 1908 bis 12. Febr. 1912 Kaiser) wieder den
Thron bestiegen hat. "
In einem in den herkömmlichen Formen abgefaßten kaiserl. Erlaß, der
am Mittag veröffentlicht wird, rühmt der junge Kaiser die Kaiserin Hsiting-
tschin, die, ihm die Gewalt zum Besten des Volkes übertragen habe. Seit
der Errichtung der Republik habe Unordnung und Bestechung geherrscht.
Die Verpflichtungen gegen das Ausland hätten erheblich zugenommen und
die wohlwollende Absicht der Kaiserin sei verkannt worden. In jüngster
Zeit seien dem Kaiser zahlreiche Schreiben zugegangen, worin die Hoffnung
geäußert worden, daß er die Herrschaft wieder übernehmen würde. Des-
halb habe er den Thron bestiegen, um die Wohlfahrt des Volkes zu sichern.
Der Erlaß sagt die Errichtung einer Verfassungsmonarchie zu, ohne Ein-
mischung der Mandschus in die Politik, verspricht die Anerkennung der
Verträge mit dem Ausland sowie der Anleihen und stellt die Aufhebung
einer Anzahl kleiner Steuern in Aussicht, die die Republik eingeführt hatte.
Die Bildung von politischen Parteien wird verboten. Das Tragen des
Zopfes wird freigestellt. Für politische Vergehen wird Straferlaß gewährt.
Nach chin. Hausgesetz wird ein kaiserliches Kind mit rund 11 Jahren
großjährig. Vielleicht wurde deshalb von den Monarchisten gerade dieser
Zeitpunkt gewählt, um den Kampf gegen die Republik und ihre auswärtigen
Freunde aufzunehmen. Freilich läßt sich aus den parteiisch gefärbten Be-
richten der engl. und franz. Blätter der wahre Sachverhalt nur vermutungs-
weise feststellen. Tatsache ist jedenfalls, daß diese monarchistische Gegen-
revolution den Ententemächten sehr unerwünscht kam. Die „Times“ sprechen
bezeichnenderweise von „Tschanghsuns gesetzlosen Schurken“. In Wirklich-
keit ist Tschanghsun, wie die „Köln. 4 mitteilt, der Mandschugeneral,
der schon einmal den Engländern den größten Schrecken eingejagt hat, als
er 1911 auf die Kunde der Revolution im Süden aus dem fernen Kanfu,
wo er bis dahin treue Wacht gegen die Engländer in Indien und die Russen
in Turkestan und Sibirien gehalten hatte, mit 10000 Mann mandschurischer
Kerntruppen gegen Peking zog, um den im englisch-amerikanischen Fahr-
wasser schwimmenden Empörern des Südens das Handwerk zu legen.
Der bisherige Präsident Lijuanhung, den General Tschanghsun durch
Verleihung des Herzogstitels und das Angebot des Gouverneursposten in
der Mandschurei vergebens für die Sache des Kaisertums zu gewinnen sucht,
flüchtet in die japan. Gesandtschaft. Er ernennt Tuantschijui zum Premier-
Europilischer Geschichtskalender. LVIII8. 60