Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Pie österreichiszugerische Mosarchie und die Nachfolzestaaten. (Dez. 23.—27.) 125 
soz. Partei davon überzeugt seien, daß das kapitalistische System in seiner 
alten Form nicht aufrecht erhalten werden könne. Er erkenne das Privat- 
eigentum an. Das Heiligtum des Eigentums dürfe aber nicht so absolut 
sein, wie im alten römischen Rechte. Er wolle nicht nur auf dem Gebiete 
des immobilen, sondern auch des mobilen Kapitals große Reformen ins 
Leben rufen. Was die Frage der Armee betrifft, erklärt er, gäbe es keine 
Regierung und keinen pazifistischen Staat, der ohne Heer xistieren könnte. 
Wir wollen ein Volksheer, in dem Disziplin herrscht, um die Errungen- 
schaften der Revolution zu sichern. 
23. Dez. (Ungarn.) Kultusminister Lovaszy tritt zurück. 
Einem Mitarbeiter des „Deli Hirlap“ gegenüber erklärt L., seine De- 
mission hänge hauptsächlich mit der äußeren Politik zusammen. Ueberdies 
halte er es nicht für richtig, daß die Armee stufenweise in eine sozialistische 
Organisation umgewandelt werde. Auch gegen die Grundbesitzreformvorlage 
der Regierung habe er Bedenken gehabt. 
24. Dez. (Ungarn.) Rumän. Truppen besetzen Klausenburg. 
24. Dez. (Ungarn.) Autonomie der Ruthenen. 
Die Regierung veröffentlicht das Volksgesetz über die Autonomie 
der in Ungarn lebenden russischen (ruthenischen) Nation. Das Gesetz sichert 
der ruthen. Bevölkerung der betreffenden Komitate volle Autonomie in ge- 
setzgeberischer, administrativer und kultureller Beziehung zu. 
25. Dez. (Deutschösterreich.) Forderung der Selbstbestimmung. 
Das Staatsamt des Außern überreicht den in Wien beglaubigten 
diplomatischen Vertretern eine Verbalnote, in der die Forderung auf 
endliche Anerkennung der Republik Deutschösterreich als eines freien souve- 
ränen Staates und als eines Mitgliedes des zukünftigen Völkerbundes er- 
hoben wird. Deutschösterreich wünsche mit allen Völkern in Frieden und 
in Freundschaft zu leben und erachte es für unausweichlich, daß die Friedens- 
verhandlungen so rasch wie möglich beginnen und die deutschösterr. Republik 
in den Stand gesetzt werde, durch bevollmächtigte Vertreter an diesen Be- 
ratungen teilzunehmen. Der Friedensvertrag müsse in erster Linie dem 
deutschösterr. Volk die Freiheit auf dem ganzen Gebiete, auf dem es wohnt, 
gewährleisten. Der Versuch, Deutschösterreich von einem Teile dieser Lande 
zu trennen, um sie einem anderen Volke zu unterwerfen, werde die verhäng- 
nisvollsten Folgen haben. Die Zusammenfassung dieser Gebiete stelle viel- 
mehr eine Lebensnotwendigkeit für die wirtschaftlichen und intellektuellen 
Abhängigkeiten jedes seiner Teile dar. In Uebereinstimmung mit den demo- 
kratischen Grundsätzen schlage Deutschösterreich vor, alle wichtigen Gebiets- 
fragen der Entscheidung der Bewohner dieser Gebiete zu unterwerfen. Die 
Note erörtert dann ausführlich die Gründe, die der Bildung einer Donau- 
föderation mit den anderen Nationen der ehem. Monarchie im Wege stehen 
und kommt zu dem Schluß, daß der Anschluß an Deutschland den einzigen 
und richtigen Weg bedeutet. Nichts sei verständlicher, als Deutschösterreich 
wieder den anderen Teilen Deutschlands zu nähern, indem man die histo- 
rischen Bande erneuere, die vor 52 Jahren gewaltsam zerschnitten worden 
seien. Die Ver. Staaten hätten das Recht der Nation verfochten, sich frei 
zu vereinigen. Dieses den Polen, Italienern und Slawen zugesprochene 
Recht könne auch dem deutschen Volke nicht verweigert werden. (Das sehr 
umfangreiche Aktenstück wird vom Wiener „Fremdenblatt“ am 1. Jan. 1919 
veröffentlicht; die wichtigsten Abschnitte s. auch i. d. „Voss. Ztg.“ 1919 Nr. 2.) 
27. Dez. (Tschechoslowakei.) Eröffnung des Parteitags der 
tschechoflowak. Soz. in Prag.
	        
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