Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Spanien. (Sept. 1. 10.) 137 
welche Spanien dank der wirklich ritterlichen Art, in der es seine Pflichten 
als neutrale Macht erfüllte, Anspruch hat. Die Regierung hat deshalb ge- 
glaubt, um nicht gegen ihre wichtigsten Verpflichtungen zu verstoßen, inner- 
halb der Neutralität wirksame Vorsichtsmaßregeln zur Aufrechterhaltung 
des span. Seeverkehrs und zum Schutze des Lebens unserer Seefahrer er- 
greifen und angesichts der Unwirksamkeit wiederholter Einsprüche freund- 
schaftlich die kaiserliche Regierung darauf hinweisen zu müssen, daß die Ver- 
ringerung unserer Tonnage bis zur äußersten Grenze unserer dringendsten 
Bedürfnisse, sowie der Wunsch, unseren Schiffen keinen anderen Schutz zu 
geben als unsere Flagge und die Zusammenfassung des gesamten Seeverkehrs 
unter die Leitung der Regierung, sie nötigen würden, im Falle einer neuen 
Torpedierung die versenkte Tonnage aus den in span. Häfen ankernden 
deutschen Schiffen zu ersetzen. Diese von der Notwendigkeit bedingte Maß- 
nahme würde keineswegs eine endgültige Beschlagnahme in sich schließen. 
Es wäre lediglich eine vorübergehende Lösung, die bei Friedensschluß ebenso 
wie die zahllosen noch schwebenden span. Ansprüche geregelt würden. In 
Ausführung dieses Beschlusses sind die entsprechenden Weisungen an den 
Botschafter in Berlin zur Bekanntgabe an die kaiserliche Regierung er- 
gangen. Die span. Regierung zweifelt nicht daran, daß Deutschland alle 
Umstände würdigen wird, welche zu diesem Entschluß geführt haben, und 
ihn als in Uebereinstimmung mit der loyalen Neutralität anerkennen wird, 
welche wir seit Kriegsbeginn beobachtet haben. Diese Entscheidung liegt 
innerhalb der ratürlichen und pflichtgemäßen Verteidigung der wesentlichen 
Interessen Spariens, das noch viele seiner Rechte und rechtmäßigen Vor- 
teile aufopfert, aber das seine nationale Würde und nationales Leben nicht 
ferner beeinträchtigen lassen kann. Der Beschluß der Regierung, Spanien. 
die Verfügung über den für sein Bestehen unerläßlichen Tonnenraum zu 
sichern, ändert richts an dem festen Vorsatz, Spanien bei strengster Neu- 
tralität zu erhalten und dem Deutschen Reich alle Rücksichten und jede 
Achtung zu bewehren, in der Erwartung, von ihm die freundschaftliche Be- 
handlung zu erfalren, auf welche wir aus vielfachen Gründen Anspruch haben. 
Diese Fordemung Spaniens bildet den Ausgangspunkt für langwierige 
Verhandlungen zpvischen der deutschen und der span. Regierung. (S. dazu 
18. Okt.) Um Prissetreibereien in den schwebenden Verhandlungen vor- 
zubeugen, wird von der span. Regierung eine scharfe Pressezensur durchgeführt. 
1. Sept. Erveiterung des span.--amerik. Handelsabkommens. 
Die Verhandlingen über die Erweiterung des im März (s. S. 132) 
mit den Ver. St. geroffenen Handelsabkommens werden abgeschlossen. Da- 
nach eröffnet die spen. Bank ab Sept. den Ver. St. einen zwölfmonatigen, 
jedoch verlängerbaren Kredit von 70 Mill. Pesetas, der unter Umständen 
auf 150 Mill. erhöht werden kann. Die Deckung des Kredits seitens der 
Ver. St. erfolgt durch Hinterlegung von amerik. Staatsschatzscheinen in der 
Höhe der gezogene Wechsel. In der Hauptsache soll durch die genannten 
Operationen eine Ferbesserung des niedrigen Dollarkurses erreicht werden. 
Die Ver. St. verpsichten sich ihrerseits zur Erteilung von Ausfuhrbewil- 
ligungen für Baunwolle, Petroleum, Maschinen, Phosphate und andere 
Produkte nach Spmien. 
10. Sept. Mirtsterium für Lebensmittel= und Rohstoffversorgung. 
In Ausführum eines kürzlich gefaßten Ministerratsbeschlusses wird 
durch kgl. Dekret ein Ministerium für Lebensmittel- und Rohstoffversorgung 
geschaffen und der kaalonische Regionalist und frühere Finanzminister Juan- 
Ventosa zum Minster ernannt.
	        
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