Großbritannien. (Juli 8. — 13.) 199
wiegenden Teile aus gewählten Mitgliedern zusammengesetzt sein. Stän-
dige Ausschüsse sollen die gesetzgebenden Versammlungen mit allen Zweigen
der Provinzialverwaltung in Fühlung bringen. Die Verwaltung vieler An-
gelegenheiten, wie Erziehung, Landwirtschaft, Gesundheitsangelegenheiten,
lokale Besteuerung und ländliche und städtische Interessen, soll einem oder
mehreren eingeborenen Ministern übergeben werden, die aus der Gruppe
der gewählten Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung ernannt werden.
In Zwischenräumen von fünf Jahren kann unter Umständen die Zahl der
übertragenen Angelegenheiten vergrößert werden. Wenn das System in
immer stärkerem Grade sich bewährt, können die gesetzgebenden Versamm-
lungen einer Zeit entgegensehen, wo völlige Selbstverwaltung durchgeführt
wird und sie mehr einheimische Minister erhalten, die direkt ihrer ein-
heimischen Mehrheit verantwortlich sind. Ein eingeborener Inder soll sobald
wie möglich zum Mitglied der Zentralbehörde für ganz Indien (Central
Executive Council) ernannt werden. Ferner soll ein Geheimer Staatsrat
(Privy Council) für Indien begründet werden, der nach Belieben vom
Generalgouverneur befragt werden kann. Das neu zu organisierende Zentral-
parlament für ganz Indien wird aus zwei Kammern bestehen. Die „gesetz-
gebende Versammlung für Gesamtindien“ (Unterhaus) wird etwa 100 Mit-
glieder zählen mit einer sehr großen gewählten Mehrheit. Der „Staats-
rat“ (das Oberhaus) wird 50 Mitglieder zählen mit einer Mehrheit aus
ernannten Mitgliedern. Er wird in schwierigen Lagen auf Anregung des
Generalgouverneurs bei allen Gesetzen und Maßnahmen, die die Regierung
als wesentlich für ihre Autorität und die indischen Interessen hält, eine
endgültige Ablehnungsbefugnis gegenüber etwaigen allzu nationalistischen
Wünschen des Unterhauses haben. Mit diesen Organisationen parallel soll
ein neuzubildender „Fürstenrat“ laufen, der die Beziehungen von Britisch-
Indien zu den einheimischen Staaten, die ein Drittel des ganzen indischen
Gebietes einnehmen, in Ordnung bringt. Das Ind. Amt in England wird
seine Aufsichtsbefugnisse über die ind. Regierung ein wenig einschränken
müssen. Das engl. Unterhaus wird ersucht, einen Ausschuß für ind. An-
gelegenheiten einzusetzen, der eine lebensvolle und einflußreiche Verbindung
zwischen der brit. Demokratie und der ind. Fortschrittsbewegung darstellt.
Das ganze System soll dann alle zehn oder zwölf Jahre durch eine vom
Londoner Parlament einzusetzende Kommission revidiert werden.
8. Juli. (Unterhaus.) Der Gesetzentwurf, durch den die Lebens-
dauer des Parlaments bis 31. Jan. 1919 verlängert wird, wird in
zweiter Lesung angenommen.
9. Juli. Das Mitglied der Arbeiterpartei Clynes, bish. Parla-
mentssekretär des Lebensmittelministeriums, wird als Nachfolger des
verstorb. Lord Rhondda zum Lebensmittelkontrolleur ernannt.
13. Juli. Antwort der Soz. der Mittelmächte auf das Memo-
randum der Interalliierten Sozialistenkonferenz.
Henderson teilt in einer Rede in Northampton mit, daß von den
Sozialisten der feindlichen Lander Antworten auf das Memorandum
der Interalliierten Sozialistenkonferenz über die Kriegsziele
(s. S. 162) eingelaufen sind. Die bulg. Sozialisten nahmen das Memoran=
dum in allen Punkten an, machen jedoch einige Vorbehalte hinsichtlich
Mazedoniens. Die ung. Arbeiter gaben der Kommission in Stockholm eine
Darlegung ihrer Politik, die sehr viel Uebereinstimmung mit dem Memoran-
dum zeigt. Auch die österr. Sozialisten nahmen das Memorandum als