Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Großbritannien. (Sept. 17.—20.) 219 
Selbstbestimmungsrechts und der Willkür von Gruppen und Individuen, die 
nur Selbstzwecke verfolgen. G. wiederholt die 14 Punkte, die von Wilson 
als Bedingungen für den Frieden angegeben worden sind. Die amerik. 
Arbeiter haben erklärt, daß die Arbeiter direkt und offiziell in den offiziellen 
Delegationen der kriegführenden Länder, die das Friedensabkommen end- 
gültig festzustellen haben, vertreten sein müssen. Sie haben sich weiter aus- 
gesprochen dafür, daß ein Kongreß der Arbeiter der ganzen Welt zusammen- 
treten soll in der gleichen Stadt, in der die Friedenskonferenz stattfindet. 
Das Friedensabkommen müsse folgende Grundsätze enthalten: Ein Bund 
freier Völker, geschlossen, um Recht und Gerechtigkeit und Frieden in den 
Beziehungen der Nationen zu sichern; keinerlei Vergeltungen als Rache oder 
Repressalien, Entschädigungen aber nur zum Ersatz erlittener Schäden, 
die Anerkennung der Rechte der kleinen Nationen und des Prinzips, daß 
keinem Volk eine Regierung aufgezwungen werden darf, keine Grenz- 
änderungen und kein Abkommen über Gebiete, es sei denn im Interesse 
der Völker, die geschädigt wurden, und im Interesse des Weltfriedens. — 
Die amerik. Vorschläge werden an die Kommission verwiesen. 
Sodann wird der Bericht über die Antworten der Sozialisten der 
Zentralmächte auf das Kriegszielmemorandum der interall. Konferenz 
v. 23. Febr. (s. S. 199 f.) vorgelegt. In dem Bericht äußert die Kommission 
ihre Befriedigung über die Antwort der Bulgaren, Ungarn und deutschen 
Sozialisten in Oesterreich, bedauert aber, daß die Antwort der deutschen 
Mehrheitssozialisten (s. Tl. 1 S. 223 f.) ein Hindernis für eine internationale 
Konferenz bilde. Der Bericht verlangt eine Antwort an die deutschen 
Mehrheitssozialisten und an die Sozialisten der übrigen Länder, worin 
sie dringend aufgesordert werden, ihren Einfluß dahin zu benutzen, daß die 
Haltung der deutschen Sozialisten besser umschrieben werde. 
Am 19. wird der Kommissionsbericht über die österr. Friedensnote 
ohne Abstimmung angenommen. Darin vertritt die Konferenz die Ansicht, 
daß die alliierten Regierungen eine sehr schwere und gefährliche Verant- 
wortung auf sich laden würden, wenn sie eine rein negative Politik annehmen 
würden. Die alliierten Regierungen sollten in ihrer Antwort die Identität 
der Ansichten durch eine enge und fortdauernde Zusammenarbeit herbeiführen 
und in einer Kollektiverklärung ihre Ziele und Ansichten klar machen. 
Sie sollten ihre Unterschrift zu den von Präsident Wilson formulierten 
14 Punkten geben und dermaßen eine Politik der Klarheit und Mäßigung 
gegenüber einer Politik annehmen, die ausschließlich durch die Aenderungen 
auf der Kriegskarte diktiert wird, und schließlich sollten sie ihre Opponenten 
mit Bezug auf deren allgemeine und besondere Kriegsziele befragen, die 
niemals definiert worden sind. Auf diese Weise sollten die alliierten Re- 
gierungen den arbeitenden Klassen die Verantwortung für die Wahl unter 
den vorgeschlagenen Lösungen auferlegen. 
Am 20. wird bezüglich Rußlands mit großer Mehrheit folgende von 
den Amerikanern gestellte Entschließung angenommen: Die Konferenz ist der 
Ansicht, daß laut Art. 6 der bekannten 14 Punkte, die vom Präsidenten 
Wilson formuliert wurden, die heutige Ansicht der alliierten Regierungen 
zur Unterstützung des russ. Volkes lediglich durch den aufrichtigen Wunsch 
geführt werden darf, die Freiheit und die Demokratie zu schützen, damit 
der Weltfrieden sichergestellt wird und die heilsamen Früchte der Revolution 
dem russ. Volk erhalten werden. — Ferner spricht die Konferenz einstimmig 
ihre Zustimmung zu den von Präsident Wilson aufgestellten 14 Punkten 
aus und bestätigt den Beschluß der Februarkonferenz (s. S. 162), daß gleich- 
zeitig mit der offiziellen Friedenskonferenz und am gleichen Orte ein inter- 
nat. Arbeiterkongreß statfinden soll. — Ein Antrag Gompers, man
	        
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