232 Großbritannien. Dez. 7.)
für die Kriegführung berufen wurde. Der Stand der Dinge war damals
ernst. Das erste, was die neue Regierung tat, war, die Anzahl der Männer
mit politischer Erfahrung zu verstärken. Wir hatten zum erstenmal ein
Reichskriegsamt geplant, das mit Vertretern aus dem ganzen Reich und
Indien besetzt war, die alle zusammen um denselben Tisch saßen und über
die Mittel zum Siege berieten. Die wichtigste Angelegenheit, die sie in
Erwägung zogen, war, wie der Tauchbootkrieg am erfolgreichsten bekämpft
werden könne. Falls dieser nämlich dem Feinde gelungen wäre, wäre der
Krieg für die Alliierten hoffnungslos verloren gewesen. Sie hätten dann
keine Truppen und keine Lebensmittel mehr nach Frankreich senden können,
und Frankreich wäre von der Welt abgeschlossen worden. Die Amerikaner
hätten nicht hinüberkommen können und die Deutschen hätten die Welt von
Ozean zu Ozean beherrscht. Die neue Regierung stellte daher vor allem
die gesamte Schiffahrt unter ihre Kontrolle. Trotz der Millionen Tonnen
versenkten Schiffsraums verfügen wir heute über mehr notwendige Artikel
als vorher. Wir haben nicht so viele Schiffe gebant, als gewünscht wurde,
doch haben wir in diesem Jahre mit weniger Arbeitskräften drei= oder vier-
mal soviel Schiffe gebaut als in den Jahren, bevor ich in das Kabinett
eintrat. Auch Lord Rhondda hatte großen Erfolg mit seinem System der
Lebensmittelversorgung, das die Deutschen selbst in ihren offiziellen Berichten
als gut anerkannt haben und ihre Aufmerksamkeit auf das britische System
lenkte, das besser als das ihre sei. Trotz aller Schwierigkeiten wurden in
Großbritannien vier Millionen Acres mehr als im Jahre 1916 bebaut.
Das Konvoy-System hat das Leben Tausender von Matrosen und Millionen
Tonnen von Schiffsraum gerettet. Die Mittel, die Tauchboote zu vernichten,
haben sich gebessert, und die Matrosen veranstalteten regelrechte Jagden auf
sie, bis sie fast vollständig niedergerungen waren. Bei der Besprechung
dessen, was „Nebenkriegsschauplätze“ genannt zu werden pflegt, sagt Lloyd
George: Falls wir nicht Feldheere nach Mesopotamien und Palästina ge-
sandt hätten, würde Bulgarien nicht ausgeschieden und die Türkei nicht
zusammengebrochen sein. Oesterreich stürzte zusammen, als es sah, daß die
Alliierten durch die Hintertür ins Land kommen könnten. Solange es Italien
allein gegen sich hatte, konnte es sich gut halten. Die Alpen waren ein
guter Schutz, doch war es vorbei, als die Hintertür aufgemacht wurde. Die
große Krise am 21. März 1918 erwähnend, sagt Lloyd George, daß er
an Wilson telegraphiert habe, daß jetzt amerikanische Hilfe unbedingt nötig
sei, er möchte umgehend 120000 Mann im Monat nach Europa senden.
Am folgenden Tage kam die Antwort. Wilson telegraphierte: Sendet Schiffe
her, und danm werden wir die 120000 Mann senden. Es war ein großes
Wagestück, zumal wegen der Versorgung mit Lebensmitteln und Rohmaterial.
Die Amerikaner haben 1900.000 Mann gesandt, von denen 1 100000 Mann
durch die britische Handelsflotte herübergebracht wurden. Heute befinden
sich alle deutschen Tauchboote in britischen Händen, ebenso wie die Schlacht-
schiffe, Kreuzer und Torpedojäger, die alle in britischen Häfen unter briti-
scher Bewachung stehen. Die britische Armee marschiert dem Rhein zu.
Der Sieg der Alliierten ist dem unvergleichlichen Mut und dem Durch-
halten der Soldaten und Matrosen zuzuschreiben, aber die Regierung darf
etwas von diesem Erfolg auch ihrer Arbeit und Organisation zuschreiben.
Das Wichtigste ist die Regelung des Landbesitzes und die Versorgung mit
den Bodenerzeugnissen. Jetzt, wo wir den großen Kampf für den mensch-
lichen Fortschritt gewonnen haben, sind wir entschlossen, auch weiter dem
Ziel zuzustreben, um England auf ein Niveau zu heben, das es niemals
vorher erreicht hat.
9. Dez. Aufhebung der Militärdienstpflicht.