Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Kußland. (März 9.—16.) 41 
Unterricht Lunatscharski verbleibt in Petersburg als Vertreter der Re- 
gierung und wird mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet werden. 
Die amtlichen Organe des Sowjet „Iswestija“ und „Prawda“ werden 
gleichfalls nach Moskau übersiedeln. (Auch die „Petersb. Tel.-Ag.“" siedelt 
nach Moskau über; ihre Meldungen sind also künftig aus Moskau datiert.) 
9. März. Wechsel im Volkskommissariat des Aeußern und der 
militär. Angelegenheiten. 
Trotzki tritt von seinem Posten als Volkskommissar für Ausw. An- 
gelegenheiten zurück. Zu seinem Nachfolger wird sein bisheriger Gehilfe 
Tschitscherin bestimmt. Der Rücktritt Trotzkis ist durch seine Gegnerschaft 
gegen den Friedensschluß von Brest-Litowsk veranlaßt. Wie „Reuter“ am 
15. meldet, wird Trotzki zum Volkskommissar für militärische Angelegen- 
heiten an Stelle von Podwolski, der zurückgetreten ist, ernannt. Der 
Posten des Höchstkommandierenden wird abgeschafft. 
12. März. Nevision des Programmes der Maximalisten. 
Der „Köln. Ztg.“ zufolge melden die „Times“ aus Petersburg: Der 
Parteitag der Maxim. hat mit großer Mehrheit den Vertrag von Brest- 
Litowsk gutgeheißen. Die Partei heißt jetzt russisch-ekommunistische 
Partei. Sie hat ein neues Programm festgelegt, das ihr einen inter- 
nationalen Charakter verleiht: Ueberall Vertreibung des Bürgertums und 
Diktatur der Arbeiter, überall die republik. Staatsform, die Republiken ge- 
leitet durch Arbeiterräte. 
14. März. (Moskau.) Eröffnung des IV. (ao.) allruss. Kongresses 
der Sowjets der A.-, S.-, Bauern= und Kosaken-Abg. 
Anwesend sind 695 Maxim., 284 Linkssoz.-Rev., 29 Soz.-Rev., 3 ukr. 
Soz.-Rev., 11 Internat., 27 Minim., 24 Kadetten und 17 Wilde. In der Er- 
öffnungsrede verliest Swerdlow (s. S. 412) u. a. die Botschaft Wilsons 
(s. Ver. St., 11. März). Tschitscherin berichtet über die Friedensbedin- 
gungen. Danach hält Lenin eine lange Rede, in der er seine Auffassung 
über Rußlands Bedürfnisse auseinandersetzt, damit es für den endgültigen 
Kampf zu Atem kommen könne. 
15. März. (Kurland.) Deutschland erkennt die Selbständigkeit 
Kurlands an. (S. Tl. 1 S. 117 ff.) 
16. März. Ratifizierung des Friedensvertrages von Brest-Litowsk. 
Der allruss. Kongreß der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten-, 
Bauern= und Kosaken-Abg. ratifiziert mit 724 gegen 276 Stimmen bei 
18 Stimmenthaltungen und Abwesenheit von 72 Abg. den Friedensvertrag 
von Brest-Litowsk v. 3. März. 
Nach „Reuter" billigt der vom Kongreß gefaßte Beschluß die Haltung 
des Rats der Volkskommissare bei der Unterzeichnung des schmerzlichen, 
Rußland durch ein Ultimatum und durch Gewalt aufgezwungenen Friedens 
und erklärt es als Pflicht der Arbeiterklassen, eine Miliz zur Verteidigung 
des Landes gegen imperialistische Angriffe zu errichten, zu welchem Zwecke 
alle Personen beiderlei Geschlechts eine militärische Ausbildung erhalten 
sollen. — Nach einer weiteren „Reuter'meldung lehnen die Linkssoz.-Rev. 
die Verantwortung für den Friedensschluß ab und behalten sich das Recht 
vor, mit allen möglichen Mitteln die Ausführung der Vertragsbestimmungen 
zu verhindern. Die Mitglieder des Rates der Volkskommissare, die der 
Partei der Linkssoz.-Rev. angehören, treten, wie die „Petersb. Tel.= Ag.“ am 
20. mitteilt, zurück. Sie werden durch Maxim. ersetzt. Zum Volkskommissar
	        
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