448 Rußßland. (Juli 6.)
Art. 17. 89. Das Wappen der R. S. F. S. enthält auf rotem Hintergrunde
die Abbildung einer goldenen Sichel und eines goldenen Hammers, die in
Sonnenstrahlen mit den Griffen nach unten quer übereinander gekreuzt
und von einem Aehrenkranz umgeben sind, mit den Aufschriften: a) Russische
Sozialistische Föderative Sowjetrepublik, und b) Proletarier aller Länder
vereinigt euch! 90. Die Handels-, Marine= und Kriegsflagge der R. S. F. S.
besteht aus einem roten (purpurroten) Fahnenblatt, an dessen oberen linken
Ecke am Flaggenstock die goldenen Lettern R. S. F. S. R. oder die Auf-
schrift: Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik angebracht ist.
(Der vollständige Text der Verfassung ist als Broschüre im Verlag der
Wochenschrift „Die Aktion“, Berlin-Wilmersdorf, erschienen.)
Weiter nimmt der Kongreß folgende Resolution an: Die im Jan. 1918
(s. S. 412) von dem III. Allruss. Sowjetkongreß angenommene Erklärung
der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes bildet zusammen mit
der von dem V. Sowjetkongreß beschlossenen Konstitution der Sowjetrepublik
das einzige Grundgesetz der Russischen Föderativen Sowjetrepublik. Dieses
Grundgesetz tritt in Kraft mit dem Tage seiner Veröffentlichung in end-
gültiger Form in den „)Nachrichten des Zentral. Exekutivkomitees“. Es soll.
von allen örtlichen Organen der Sowjetregierung bekanntgemacht werden
und in allen Instituten der Sowjets an sichtbarer Stelle ausgehängt werden.
Der V. Kongreß beauftragt den Kommissar für Volksaufklärung, in allen
Schulen und Lehranstalten der Russischen Republik das Erlernen der Grund-
sätze dieser Verfassung ebenso wie deren Erklärung und Auslegung einzuführen.
Dem Kongreß wird eine ausführliche Aufstellung der Einnahmen
und Ausgaben der russ. Republik für das erste Halbjahr 1918 vorgelegt.
Für Kriegs-, Demobilisations= und Kriegsfolgekosten sind 4962 Mill. Rubel
veranschlagt, während diese Ausgaben im Jahre 1917 fast 23 Milliarden
Rubel betrugen. Die Totalsumme der gewöhnlichen und außergewöhnlichen
Ausgaben für das erste Halbjahr, einschließlich Kriegs-, Demobilisations-
und Kriegsfolgekosten ist auf 17,6 Milliarden Rubel veranschlagt. Die Ein-
nahmen sind um 300 Mill. höher als im ersten Halbjahr 1917 veranschlagt,
sie betragen 2,8 Milliarden Rubel, das Defizit beträgt also 14,8 Milliarden
Rubel. (Tatsächlich gehen nur 539,6 Mill. Rubel ein.)
6. Juli. (Moskau.) Ermordung des deutschen Gesandten Grafen
Mirbach, Aufstand der Linkssoz.-Rev.
Das „WeB.“ verbreitet zunächst folgende amtliche Darstellung:
Eine Sonderdepesche meldet aus Moskau: Heute vormittag ersuchten zweie
Herren in Moskau den Kaiserl. Gesandten um eine Unterredung, die ihnen vom
Grafen Mirbach (s. S. 426) im Beisein von Legationsrat Riezler und einem
im Zimmer anwesenden deutschen Offizier bewilligt wurde. Die beiden Un-
bekannten zogen Revolver und schossen auf den Kaiserl. Gesandten, wobei
sie ihn leicht am Kopf verletzten. Ehe sie daran verhindert werden konnten,
warfen sie hierauf ein paar Handgranaten und retteten sich durch einen
Sprung aus dem Fenster auf die Straße. Graf Mirbach, der schwer ver-
letzt wurde, ist, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, kurz darauf
verschieden. Die beiden anderen Herren blieben unverletzt. Sofort nach Be-
kanntwerden dieser Untat trafen die Kommissare für Ausw. Angelegenheiten
Tschitscherin und Karrachan in der Gesandtschaft ein und sprachen dem
Legationsrat Riezler die Empörung und das Bedauern der Sowjetregierung
über den erschütternden Vorfall aus. Leider ist es bis jetzt nicht gelungen,
die Verbrecher zu entdecken und festzunehmen. Das bisherige Ergebnis der
sofort angestellten Untersuchung läßt die Vermutung zu, daß es sich um im
Dienste der Entente stehende Agenten handelt.