Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Anhang zu den Vereinigzten Staaten. (Okt. 23.) 613 
anheim, zur Regelung der Einzelheiten eine Gelegenheit zu schaffen. Sie 
vertraut darauf, daß der Präsident der Ver. Staaten keine Forderung gut- 
heißen wird, die mit der Ehre des deutschen Volkes und mit der Anbahnung 
eines Friedens der Gerechtigkeit unvereinbar sein würde. Die deutsche 
Regierung legt Verwahrung ein gegen den Vorwurf ungesetzlicher und un- 
menschlicher Handlungen, der gegen die deutschen Land- und Seestreitkräfte 
und damit gegen das deutsche Volk erhoben wird. Zerstörungen werden 
zur Deckung eines Rückzuges immer notwendig sein und sind insoweit 
völkerrechtlich gestattet. Die deutschen Truppen haben die strengste Weisung, 
Privateigentum zu schonen und für die Bevölkerung nach Kräften zu sorgen. 
Wo trotzdem Ausschreitungen vorkommen, werden die Schuldigen bestraft. 
Die deutsche Regierung bestreitet auch, daß die deutsche Marine bei Ver- 
senkung von Schiffen Rettungsboote nebst ihren Insassen absichtlich vernichtet 
hat. Die deutsche Regierung schlägt vor, in allen diesen Punkten den Sach- 
verhalt durch neutrale Kommissionen aufklären zu lassen. Um alles zu ver- 
hüten, was das Friedenswerk erschweren könnte, sind auf Veranlassung der 
deutschen Regierung an sämtliche UC. Bootkommandanten Befehle ergangen, 
die eine Torpedierung von Passagierschiffen ausschließen, wobei jedoch aus 
technischen Gründen eine Gewähr dafür nicht übernommen werden kann, daß 
dieser Befehl jedes in See befindliche U-Boot vor seiner Rückkehr erreicht. 
Als grundlegende Bedingung für den Frieden bezeichnet der Präsident 
die Beseitigung jeder auf Willtur beruhenden Macht, die für sich, unkontrolliert 
und aus eigenem Belieben den Frieden der Welt stören kann. Darauf ant- 
wortet die deutsche Regierung: Im Deutschen Reich stand der Volksvertretung 
ein Einfluß auf die Bildung der Regierung bisher nicht zu. Die Verfassung 
sab bei der Entscheidung über Krieg und Frieden eine Mitwirkung der 
Volksvertretung nicht vor. In diesen Verhältnissen ist ein grundlegender 
Wandel eingetreten. Die neue Regierung ist in völliger Uebereinstimmung 
mit den Wünschen der aus dem gleichen, allgemeinen, geheimen und direkten 
Wahlrecht hervorgegangenen Volksvertretung gebildet. Die Führer der großen 
Parteien des Reichstages gehören zu ihren Mitgliedern. Auch künftig kann 
keine Regierung ihr Amt antreten oder weiterführen, ohne das Vertrauen 
der Mehrheit des Reichstages zu besitzen. Die Verantwortung des Reichs- 
kanzlers gegenüber der Volksvertretung wird gesetzlich ausgebaut und sicher- 
gestellt. Die erste Tat der neuen Regierung ist gewesen, dem Reichstag ein 
Gesetz vorzulegen, durch das die Verfassung des Reichs dahin geändert wird, 
daß zur Entscheidung über Krieg und Frieden die Zustimmung der Volks- 
vertretung erforderlich ist. Die Gewähr für die Dauer des neuen Systems 
ruht aber nicht nur in den gesetzlichen Bürgschaften, sondern auch in dem 
unerschütterlichen Willen des deutschen Volkes, das in seiner großen Mehrheit 
hinter diesen Reformen steht und deren energische Fortführung fordert. Die 
Frage des Präsidenten, mit wem er und die gegen Deutschland verbündeten 
Regierungen es zu tun haben, wird somit klar und unzweideutig dahin 
beantwortet, daß das Friedens- und Waffenstillstandsangebot ausgeht von 
einer Regierung, die, frei von jedem willkürlichen und unverantwortlichen 
Einfluß, getragen wird von der Zustimmung der überwältigenden Mehrheit 
des deutschen Volkes. Berlin, den 20. Okt. 1918. gez. Solf, Staatssekretär 
des Ausw. Amts. 
Die Uebergabe in Washington erfolgt am 23. (S. dazu Tl. 1 S. 351 f.) 
23. Okt. Dritte Antwortnote an Deutschland. 
Staatssekretär Lansing richtet an den Geschäftsträger der Schweiz 
nachstehende Mitteilung: 
Staatsdepartement, den 23. Okt. 1918. Ich habe die Ehre, den Empfang
	        
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