642 Asien. (Aug. 11.)
Interesses ist. Angesichts der Gefahr, der die tschecho-slowak. Truppen in
Sibirien von seiten der Deutschen, der Oesterreicher und Ungarn ausgesetzt
sind, war es den Alliierten nicht möglich, mit Gleichgültigkeit den ungünstigen
Lauf der Ereignisse anzusehen. Eine gewisse Zahl ihrer Truppen hat bereits
den Befehl erhalten, nach Wladiwostok zu gehen. Die Regierung der Ver.
Staaten, die den Ernst der Lage ebensosehr einsah, hat sich vor kurzem
an die jap. Regierung gewandt mit dem Vorschlage, rasch Truppen ab-
zuschicken, um die Tschecho-Slowaken von dem gegen sie gerichteten Druck
zu befreien. Die jap. Regierung, die dem Wunsch der amerik. Regierung
nachkommen wollte, hat beschlossen, unverweilt die Bereitstellung geeigneter
Streitkräfte für die vorgeschlagene Mission in Anspruch zu nehmen. Eine
gewisse Zahl dieser Truppen wird sofort nach Wladiwostok geschickt werden.
Indem die jap. Regierung diesen Kurs einschlug, bleibt es ihr Wunsch,
Beziehungen dauernder Freundschaft mit Rußland zu unterhalten, und gibt
nochmals die Zusicherung, daß sie an ihrer bereits kundgegebenen Politik
der Achtung vor der territorialen Integrität Rußlands festhalten und sich
jeder Einmischung in seine innere Politik enthalten wird. Sie erklärt ferner,
daß sie nach Verwirklichung ihrer oben dargelegten Absichten sofort alle jap.
Truppen vom russ. Gebiete zurückziehen und die Souveränität Rußlands sowohl
in politischer als in militärischer Hinsicht vollständig unbeeinträchtigt lassen wird.
Zum Oberbefehlshaber der Expeditionstruppen in Sibirien wird der
jap. General Otani ernannt. Die amerik. Truppen stehen unter dem Befehl
des Generalmajors Graves. — Der Entsendung von Verbands-
truppen nach Sibirien gingen längere Verhandlungen zwischen den
Verbandsmächten vorher. Von England wurde ein umfassender Interventions-
plan befürwortet, dem Amerika und Japan ablehnend gegenüberstanden.
Schließlich erklärte sich Japan mit dem Vorschlag Amerikas (s. S. 584 f.) ein-
verstanden, die Intervention auf eine bloße Hilfeleistung für die Tschecho-
Slowaken zu beschränken. Die Intervention in Sibirien ist in Japan nicht
populär, da Japan seine Kräfte nicht in einem voraussichtlich schwierigen.
Feldzuge verzetteln will. (S. auch 14. Aug.)
Ende Aug. beginnt der jap. Vormarsch gegen die Ussurifront. Am
31. Aug. erreichen die jap. Vortruppen Bikin, am 1. Sept. Iman, am 2.
Bolchalowo und am 7. Chabarowsk. Am 18. besetzen die Japaner Blagow-
jeschtschensk (am Amur) und am 24. Neochinsk (Transbaikalien). Gleich-
zeitig mit dem jap. Vormarsch beginnt Oberst Semenow von China aus
(. S. 637) eine Offensive gegen den Ononfluß, außerdem rücken die Tschecho-
Slowaken östlich vom Baikalsee vor und besetzen Anf. Sept. Werchne-
Udinsk und Tschita. Am 4. Sept. wird gemeldet, daß die Tschecho-Slowaken
von Werchne-Udinsk (80 Meilen östlich vom Baikalsee) aus sich mit Semenows
Truppen am Ononfluß (240 Meilen östlich von Werchne-Udinsk) vereinigt
haben, und daß bereits eine telegraphische Verbindung mit den Tschecho-
Slowaken jenseits des Baikalsees hergestellt wurde. Das Kommando über
die tschecho-slowak. Truppen in Ostasien übernimmt nach einer „Reuter“
meldung v. 14. Sept. an Stelle des Generals Dietrichs Oberst Gaida.
(General Dietrichs war Offizier der russ. Armee gewesen, während Gaida
ein übergelaufener tschech. Offizier ist.) Laut einer Stockholmer Meldung
v. 14. Sept. hat Oberst Semenow, der bisher unabhängig von der sibir.
Regierung handelte, in Tschita einen Vertrag unterzeichnet, wonach er sich
gänzlich den Befehlen der sibir. Regierung in Wladiwostok unterordnet.
Der (angebliche) Hauptzweck der militär. Intervention der Entente in
Sibirien, die Tschecho-Slowaken von der „Bedrohung“ zu befreien und die
in Wladiwostok und an der sibir. Bahn lagernden Kriegsvorräte vor den
Bolschewiki zu sichern, ist Mitte Sept. im wesentlichen erreicht.