644 Asien. (Aug. 29. — Sept. 4.)
Telegraphie hat einen Kontrakt über eine Anleihe von 600000 Pf. St. zu
8 Proz. Zinsen gegen eine Sicherheit in chin. Schatzscheinen abgeschlossen.
Die Tilgung wird 1924 beginnen und 1929 endigen. Die Gesellschaft nimmt
die Verpflichtung auf sich, in China 200 drahtlose Telegraphiestationen in
einem Abstand von 40 Meilen voneinander einzurichten.
29. Aug.—1. Sept. (Brit.-Indien.) Ao. Tagung des ind.
Nationalkongresses in Bombay.
Auf Vorschlag von Frau Besant wird Hassan-Imam zum Prä-
sidenten gewählt, um durch die Wahl eines Mohammedaners der engl.
Regierung zu verstehen zu geben, daß der Bund zwischen Hindus und
Mohammedanern eine wirkliche und bleibende Tatsache ist. Der von dem engl.
Staatssekretär für Indien Montegu ausgearbeitete Reformplan (s. S. 636)
wird vom Kongreß abgelehnt. Am 30. werden einstimmig Entschließungen
angenommen, in denen ausgesprochen wird, daß einzig und allein die voll-
ständige Selbstverwaltung im Rahmen des brit. Reiches das ind. Volk be-
friedigen könne. Die Gemäßigten (Moderates) sind auf dem Kongreß nur
durch einzelne Mitglieder vertreten.
Am 31. tritt in Bombay auch die Allind. Moslemliga zusammen,
die gleichfalls die Vorschläge der Regierung als eine schwere Enttäuschung
bezeichnet.
3. Sept. (China.) Konflikt mit Tibet.
Den „Times“ wird aus Peking berichtet, daß die seit einigen Monaten
andauernden Feindseligkeiten zwischen Tibetanern und Chinesen bis zu einer
abzuhaltenden Friedenskonferenz eingestellt worden sind. Die Tibetaner
verlangen die Wiedereröffnung der Dreimächtekonferenz zwischen Groß-
britannien, Tibet und China, um die jetzt strittigen chin.-tibetan. Probleme
zu regeln. Die Tibetaner bestehen auf der Abänderung des in Lhassa
abgeschlossenen und später in Simla bestätigten Vertrages. Dieser Vertrag
ist bisher nicht veröffentlicht worden, doch nimmt man an, daß er folgendes
bestimmte: 1. die völlige Unabhängigkeit des eigentlichen Tibet, 2. das Recht
Chinas, in Lhassa einen Residenten mit einer genügenden Schutzwache zu
unterhalten, 3. die Festsetzung einer halbunabhängigen Zone in Osttibet,
in der China besondere Rechte zuerkannt wurden. Der Vertrag von Lhassa
und Simla ist jedoch niemals ratifiziert worden, weil sich die Vertrag-
schließenden nicht über die Demarkationslinie zwischen dem inneren und
dem äußeren Tibet einigen konnten. Die Konferenzen wurden deshalb im
Juli 1914 abgebrochen. Vermutlich handelt es sich bei dem jetzigen Streit
zwischen Tibet und China um die noch nicht vereinbarte Demarkationslinie.
4. Sept. (China.) Präsidentenwahl.
Das Parlament in Peking (s. S. 641) wählt mit 425 von 436 Stimmen
Hsüschihtschang zum Präsidenten der Republik. Die Wahl des Vize-
präsidenten wird vertagt, da dieser Posten von den ehrgeizigen Gouverneuren
Nordchinas heftig umstritten wird.
Ueber die Persönlichkeit des neuen Präsidenten wird der „Frankf. Ztg.“"
am 9. Sept. aus Basel gemeldet: Hsüschihtschang ist wohl der tüchtigste Ver-
treter der alten kaiserlichen Bureaukratie Chinas. Schon unter den Mandschus
hatte H. die höchsten Staatsstellen inne. Unmittelbar vor der Abdankung
der mandschurischen Dynastie wurde er zum Vormund der kaiserlichen Knaben
ernannt, welchen Posten er auch nach der Abdankung beibehielt. H. war seit
langen Jahren durch Bande der Freundschaft mit BYuanschikai verbunden
und die chinesische Republik schien einem Prozeß der allmählichen Kon-
solidierung entgegen zu gehen, als er einwilligte, dem Präsidenten Yuan-