3. Jur Kriegspslitik Gesterreicz- Augarns. 791
äußerte, er erkenne jetzt, daß er sich doch beim Kriegsausbruch getäuscht
und damals unrichtig gehandelt habe."“
3. Zur Kriegspolitik Oesterreich-Ungarns.
1. Die Sixtusbriefaffäre.
Amtlich wird am 4. April 1918 in Wien verlauthart: Der k. u. k.
Minister des Aeußern Graf Czernin hat in seiner am 2. April (s. S. 21ff.)
vor der Deputation des Wiener Gemeinderates gehaltenen Rede folgendes
erklärt: „Herr Clemenceau hat einige Zeit vor Beginn der Westoffensive
bei mir angefragt, ob ich zu Verhandlungen bereit sei und auf welcher
Basis. Ich habe sofort im Einvernehmen mit Berlin geantwortet, daß ich
hierzu bereit sei und gegenüber Frankreich kein Friedenshindernis erblicken
könne als den Wunsch Frankreichs nach Elsaß-Lothringen. Es wurde aus
Paris erwidert, auf dieser Basis sei nicht zu verhandeln.“ Wie die „Agence
Havas“ am 3. d. M. meldet, hat der Herr franz. Ministerpräsident nach
Kenntnisnahme dieser Aeußerung des Grafen Czernin erklärt: „Graf Czernin
hat hierin gelogen.“ Dieser Aeußerung Herrn Clemenceaus gegenüber wird
folgendes festgestellt: Im Auftrage des k. u. k. Ministers des Aeußern hatte
der Legationsrat i. R. Graf Nikolaus Revertera mit dem zu einer Unter-
redung mit letzterem nach der Schweiz entsendeten Vertrauensmanne Herrn
Clemenceaus, dem dem franz. Kriegsministerium zugeteilten Grafen Armand,
dortselbst wiederholte Besprechungen. Anläßlich einer am 2. Febr. d. J. in
Freiburg in der Schweiz stattgehabten Unterredung der beiden Herren
wurde die Frage erörtert, ob und auf welcher Grundlage zwischen den
Ministern des Aeußern Oesterreich-Ungarns und Frankreichs oder zwischen
offiziellen Vertretern dieser Minister eine Aussprache über die Herbeiführung
#eines allgemeinen Friedens möglich wäre. Hierauf hat Graf Revertera nach
Einholung der Weisungen des k. u. k. Ministers des Aeußern in dessen Auf-
trage dem Grafen zwecks Mitteilung an Herrn Clemenceau in den letzten
Februartagen erklärt, Graf Czernin sei zu einer Aussprache mit einem Ver-
treter Frankreichs bereit und halte ein Gespräch mit Aussicht auf Erfolg
für möglich, sobald Frankreich nur auf seine Eroberungsabsichten betr.
Elsaß-Lothringen verzichtet. Dem Grafen Revertera wurde hierauf im Namen
Herrn Clemenceaus erwidert, dieser sei nicht in der Lage, die vorgeschlagene
Verzichtleistung Frankreichs auf diese Annexion anzunehmen, so daß eine Zu-
sammenkunft von Vertretern nach beiderseitiger Ansicht derzeit zwecklos wäre.
Als Erwiderung gibt das franz. Ministerratspräsidium am 6. fol-
gendes Kommuniquéê aus: Bei Uebernahme der Regierung fand Clemenceau
in der Schweiz auf die Initiative Oesterreich-Ungarns eingeleitete Be-
sprechungen zwischen dem Grafen Revertera, einem persönlichen Freund
des Kaisers, und dem Major Armand vom Zweiten Departement des
Generalstabes vor, welch letzterer von dem damaligen Minister dazu be-
stimmt worden war. Herr Clemenceau glaubte nicht die Verantwortung auf
sich nehmen zu dürfen, diese Besprechungen zu unterbrechen, die bisher
kein Ergebnis geliefert hatten, die aber nützliche Informationsquellen bieten
konnten. Major Armand konnte sich also auf eine Bitte des Grafen Revertera
neuerlich nach der Schweiz begeben. Die Instruktion, welche ihm in Gegen-
wart seines Vorgesetzten von Clemenceau gegeben worden war, lautete:
„Anhören und nichts sagen.“ Als Graf Revertera sich endlich die Ueber-
zeugung verschafft hatte, daß sein Versuch, den Köder für Deutschland aus-
zuwerfen, ohne Erfolg geblieben sei, übergab er, um seine Mission genau
zu charakterisieren, am 25. Febr. dem Major Armand eine von seiner Hand
geschriebene Note, deren erster Satz lautet, wie folgt: „Im Monat August
1917 waren Besprechungen in der Absicht eingeleitet worden, um von der