4 Rule isterreichiscz-#ngearisee Mesarchie und die Nachsolgeltaalen. Jan. 17.,
wendig. In allen Völkern und selbst bei jenen Staatsmännern der Entente,
die am meisten gewohnt sind, durch aufsgeregte Reden das Rriegsfeuer zu
unterhalten, ist das Bewußtsein lebendig, daß der Rrieg nicht fortgehen
könne und zu Ende gebracht werden müsse. (Dr. Kolischer: Bei Lloyd George
sieht man das nicht!) Selbst bei Lloyd George! Das Reden allein ist es
nicht! Wir wollen den allgemeinen Frieden, wir wollen ihn bedingungs-
los, wir knüpfen daran nicht die Erwerbung eines Rönigreichs. Wenn die
Verhandlungen in Brest-Litowsk nicht vernünftig geführt werden, werden
wir die Möglichkeit verpassen, daß sich an die Verhandlungen über den
Separatfrieden der allgemeine Friede schließe; denn die Verhandlungen in
Brest-Litowsk haben eine Bedeutung weit über das Verhäliuis zu Ruß-
land hinaus. Die vom Grafen Czernin aufgestellte Formel hat uns in
Europa das Ansehen verschafft, daß wir die möglichen Träger der Lösung
des Weltkonflikts sein können. Das soll nicht zerstort werden. Wir ver-
langen, daß dem Parlament fortlaufend über die Dinge, die in Brest-Litowsk
und sonst in der Welt vorgehen, Auskunft gegeben werde, aber wir ver-
langen auch, daß uns nicht nur erzählt wird, was vorgeht, sondern daß
man auch höre, was die Massen aller Völker wünschen. — In seiner Er-
widerung erklärt Ministerpräsident Dr. Ritter v. Seidler: Das ganze
Streben des Ministers des Aeußern ist darauf gerichtet, im Sinne des von
ihm in der Friedensfrage stets eingenommenen und öffentlich vertretenen
Standpunktes zu einer Verständigung zu gelangen, welche auf dem Pro-
gramm eines Friedens ohne Annexrionen und Kontributionen fußt, und
welche gleichzeitig unter Wahrung der Gesichtspunkte der Gegenseite die
eigenen Interessen wahrt.
Im weiteren Verlauf der Erörterungen führt Abg. Zenker (Deutsch-
Freih.) aus: Man glaubt durch Unterdrückung der Zeitungen und Aus-
schaltung des Parlaments etwas zu erreichen und sieht nur die Gefahren,
die aus der Stimmung des Volkes für den Frieden entstehen können, nicht
aber die Gefahren, die durch ungeschickte Vertreter heraufbeschworen werden.
Das Bürgertum will ebenso wie die deutsche Arbeiterschaft lediglich einen
Frieden ohne Annexionen und würde sich gegen ein Scheitern der Ver-
handlungen mit allen Mitteln stellen. — Abg. Dr. Mataja (Christl.-soz.)
gibt im Namen der den deutschen bürgerlichen Parteien angehörenden Mit-
glieder des Ausschusses eine Erklärung ab, in der er sagt: Als oberste
Richtschnur und Pflicht bei der Behandlung von Angelegenheiten der äußeren
Politik erscheint uns im gegenwärtigen Augenblicke, daß alles unterlassen
werde, was geeignet sein könnte, die Stellung der Vertreter der verbündeten
Mächte bei den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk zu erschweren.
Wohl aber halten wir die eingehende Erörterung dieser Verhandlungen
und der damit im Zusammenhang stehenden Fragen an den verfassungs-
mäßig zuständigen Stellen für dringend geboten. Es liegt uns ferne, uns
in die inneren Angelegenheiten Rußlands einmischen zu wollen. Die Be-
völkerung des russ. Reiches mag ihre inneren Angelegenheiten nach ihrer
Meinung und nach ihrem Sinne regeln, aber ein zur Nachahmung ver-
lockendes Beispiel für uns erblicken wir in den heutigen Verhältnissen in
Rußland nicht. Was wir aber von der österr. Regierung verlangen, das
ist eine bessere Fürsorge für die Ernährung und Erhaltung der Bevölke-
rung; denn erst die mangelhaften Ernährungsverhältnisse haben für die
gegenwärtige Ausstandsbewegung den geeigneten Boden geschaffen. In den
jüngsten Erklärungen Lloyd Georges und Wilsons über die Kriegsziele
ihrer Länder erblicken wir keine Grundlage für den Friedensschluß. Wir
stehen auf dem Standpunkte der Souveränität des österr. Staates und
lehnen jede Einmischung des Auslandes in unsere inneren Verhältnisse ab.